Gerade in der Luftfahrt haben Windkanäle einen hohen Stellenwert, da sie erlauben, Strömungsphänomene und Kräfte unter kontrollierbaren Bedingungen am Boden zu untersuchen. Auch die Luftfahrtingenieure der Zukunft, die am Zentrum für Aviatik (ZAV) der ZHAW School of Engineering ausgebildet werden, haben nun die Möglichkeit, an einem eigenen Windkanal Göttinger Bauart selbst forschend tätig zu sein.
Die Initiative für einen Windkanal ging von Prof. Leonardo Manfriani aus, der als Dozent für Aerodynamik & Flugmechanik diverse Projekt- und Bachelorarbeiten zum Thema betreute. Rund zwei Jahre waren nötig von der Konzeptionierung bis zur Inbetriebnahme. «Einzigartig ist, dass wir die Entwicklung von A bis Z inhouse umsetzen konnten», erklärt Manfriani. «Die School of Engineering ist mit ihren 13 Instituten und Zentren so breit aufgestellt, dass wir intern über alle nötigen Kompetenzen verfügten.» Neben dem aerodynamischen Know-how des ZAV waren beispielsweise das Institute of Embedded Systems (InES) für die Software und das Zentrum für Produkt- und Prozessentwicklung (ZPP) für die Planung der Konstruktion zuständig. Zahlreiche Studierende haben mit ihren Projekt- und Bachelorarbeiten an den Instituten die Entwicklung des Windkanals vorangetrieben. Mit der mechanischen Fertigung hat man schliesslich die Firma Bühler AG in Uzwil beauftragt.
Die Einsatzmöglichkeiten für den Windkanal sind vielfältig. Neben Ausbildungszwecken in Aviatik, Maschinentechnik sowie Energietechnik kann der Windkanal auch von Dritten gemietet werden. Das ZAV erhofft sich dadurch auch konkrete Forschungsaufträge. «In unseren Windkanal passt zwar kein ganzes Flugzeug, aber wir können Objekte unter exakt kontrollierbaren Laborbedingungen auf ihre aerodynamischen Eigenschaften untersuchen», so Dr. Michel Guillaume, Leiter des ZAV. «Beispielsweise können wir an der Profiloptimierung für Windkraftanlagen arbeiten oder die Aerodynamik von Produkten wie etwa Motorradhelmen testen und verbessern.» Dabei werden die Prüfmodelle Strömungsgeschwindigkeiten von bis zu 50m/s (180km/h) ausgesetzt.
Der Windkanal besteht grösstenteils aus rostfreiem Stahlblech. Die strömungstechnisch sensibelsten Teile kurz vor der Messstrecke wurden aber aus Holz gefertigt. Diese Materialwahl erlaubte die höchste Formgenauigkeit bei gleichzeitig kostengünstigen Nachbesserungen. Die neu entworfene Düse aus Holz stellt eine Hybridkonstruktion aus den bisweilen in den meisten Windkanälen verwendeten rechteckigen und den aerodynamisch gesehen sinnvolleren achteckigen Düsen dar und vereint dabei die Vorteile beider Formen.