Seit Menschen denken können, versuchen sie, die Energie der Sonne zu nutzen. In dieser Tradition steht das International Solar Energy Center ISC in Konstanz. Unabhängig vom politischen Auf und Ab bezüglich der Nutzeneinschätzung von Solarenergie sowie vom Goodwill potenter Investoren ist ein hoch motiviertes Entwicklerteam daran, immer bessere Photovoltaikmodule zu entwickeln. 2005 gründeten 17 Mitglieder der Universität Konstanz den Verein ISC Konstanz. Eine wichtige Funktion nimmt seither der emeritierte Schweizer Professor Dr. Ernst Bucher wahr.
Forscherteam finanziert Module für Langzeittests selbst
Bucher betreut unermüdlich Doktoranden, zuletzt Dr. Alexander Edler, der entscheidend zur Entwicklung der BiSoN-Zelle beitrug. BiSoN steht für «Bifacial Silicon Solar Cell on n-Type». Eine fachliche Diskussion über die Vorteile der n-type-basierten Silizium-Solarzellen führten die Experten Ende März am nPV-Workshop im niederländisch 's-Hertogenbosch. Das Pendant über die zweiseitig nutzbare Silizium-Solarzelle fand vor Kurzem in Chambéry/FR statt. Bei beiden Workshops war Dr. Radovan Kopecek vom ISC massgeblich an der Organisation beteiligt.
Ein sichtbares Zeugnis für das Engage-ment des Konstanzer Teams ist auf dem Dach des Forschungszentrums montiert. Um Langzeittests mit verschiedenen neuen Modulen durchzuführen, haben die Forschenden diese auf dem neu erhöhten Dachteil des Instituts installiert. Das Interessante daran: Sämtliche Module haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts selbst finanziert.
Innovationen zahlen sich aus
Die Forscherinnen und Forscher am ISC haben erkannt, dass sich mit entsprechenden Innovationen wieder Gewinne erwirtschaften lassen. Aus der Mitarbeit bei hochstehenden Workshops waren folgende Neuerungen bei der Produktion von Photovoltaikmodulen bekannt: Zukünftig werden die Module vorne und hinten in Glas eingepackt sein. Und für geringere Investitionskosten müssen bestehende Produktionskapazitäten weiterhin mit Upgrades nutzbar sein. Ein weiterer Produktionstrend ist die Bevorzugung von n-type- gegenüber p-type-basierten Sili- zium-Wafern. Dies lässt sich auch am industriellen Solarzellenkonzept des ISC ablesen:
- I: p-Standard-Zellen verlieren kurz nach Beginn der Einstrahlung von Sonnenlicht 0,2 bis 1 Prozent (absolut) an Wirkungsgrad (Light-induced Degradation LID).
- II: Das ISC definiert p-PERC-Zellen (Passivated Emitter and Rear Cell) als PELICAN. Bei ihnen ist anstelle von ganzflächigem Aluminium auf der Rückseite auch die Basis durch dielektrische Schichten passiviert.
- III: n-PERT-Zellen (n-type Passivated Emitter and Rear Totally diffused), bei ISC als MoSoN definiert, erreichen bereits einen Wirkungsgrad von mehr als 20 Prozent.
- IV: n-standard-bifacial, bei ISC als BiSoN benannt. Diese Zellen können beidseitig Sonnenlicht in Elektrizität umwandeln.
- V: n-rear contact-bifacial, beim ISC als ZEBRA benannte Variante. Sie hat momentan den besten Wirkungsgrad, die Implementierung wird für 2015 angestrebt. Sie hat Basis- und Emitterkontakte auf der Rückseite.
Dank dieser Einteilung kann das ISC den Produzenten auf jeder Produktionsstufe Optimierungen für die nächst höhere Stufe mit möglichst geringen Zusatzkosten anbieten. Die Details dazu beschreiben Dr. Joris Libal et al. umfassend in der 23. Ausgabe des Magazins Photovoltaics International.
Starke Orientierung am Markt
Neben dem geballten Know-how bietet das ISC eine klare Ausrichtung auf optimierte industrielle Prozesse. Die Spezialisten führen praktisch alle Teilprozesse inhouse durch und können so Verbesserungsmöglichkeiten live analysieren. So beispielsweise eine hochpräzise Siebdruckmaschine von Micro-tec, die unter anderem für das sparsame Auftragen von Leiterbahnen mit Silberpasten genutzt wird.
Ein höherer Wirkungsgrad der Solarzellen ergibt nicht automatisch eine höhere Rendite. Andere Faktoren sind eventuell wichtiger oder zumindest gleichwertig. Einer dieser Faktoren ist die Höhe der Herstellungskosten. In die gleiche Kategorie gehört auch die Frage, wie viel Investment notwendig ist, um die bisherige Produktionslinie auf eine neuere Technologie umzurüsten. Genau hier kommt eine der ISC-Besonderheiten zum Tragen – das Know-how über marktübliche Produktionsmethoden und deren Verbesserungsmöglichkeiten.
Internationale Kooperationen
Für das ISC ist zudem die Pflege internationaler Kooperationen von zentraler Bedeutung. Ob in der Hochlandwüste Atacama von Chile oder im Wüstensand von Ägypten auf Meereshöhe, immer finden sich interessierte Forscher für ein gemeinsames Projekt. Anzumerken ist hier, dass der Sand in der Wüste von Atacama eher wie Staub beschaffen ist, während Sand von Ägypten in El Gouna mehr körniger Natur ist. An der Kooperation zur Herstellung von wüstentauglichen Solarmodulen ist unter anderem auch die Technische Universität Berlin beteiligt.
Diesen Frühling reisten gleich 18 Forscherinnen und Forscher aus verschiedenen Städten von Chile für einen intensiven Erfahrungsaustausch ans ISC. Ziel ist es, ab Mitte Jahr ein gemeinsames, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstütztes Forschungsprojekt zu starten, um innovative AtaMo-Solarmodule herzustellen. Auf chilenischer Seite ist Professor Rodrigo Palma-Behnke von der Universidad de Chile in der Hauptstadt Santiago für die intensive Forschungskooperation zuständig. Damit die Zusammenarbeit mit den chilenischen Forschern auch reibungslos abläuft, ist vom ISC einer der jungen Doktoranden, Dr. Enrique Cabrera aus Chile, damit beauftragt, beiden Partnern optimalen Kommunikationssupport zu bieten.
Produktion und Vertrieb durch MegaCell
Am Ende der Forschungstätigkeit kommt der Übergang zur Produktion. Für diesen Part konnte das ISC den italienischen Photovoltaik-Pionier Franco Traverso gewinnen. Er begann 1981 mit der Gründung von Helios Technology. Mit dem neuen Unternehmen MegaCell in Carmignano di Brenta/IT will er BiSoN-Solarzellen produzieren, geplant ist eine Produktionskapazität von 80 MW/Jahr mit 75 Mitarbeitenden. Laut ISC ist er überzeugt, dass die neuen BiSoN-Zellen und -Module ein enormes Potenzial besitzen.
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