Seit wann sind Sie bei igus tätig und was befähigte Sie, die Leitung der lokalen Niederlassung zu übernehmen?
Lutz Alof: Ich bin seit Mai 2003 bei igus tätig. Angefangen als Produktmanager, übernahm ich dann in 2005 die Gebietsleitung für den Lagertechnikbereich in Bayern. Diese Tätigkeit machte mir grosse Freude und wir waren sehr erfolgreich. 2013 fragte man mich dann, ob ich die Leitung für igus Schweiz übernehmen wolle. Der Wunsch war, die igus-Mentalität und -Philosophie in der Schweiz besser zu verankern und so den Markt noch besser betreuen zu können. Und so fing ich im Januar 2014 hier in Egerkingen an.
Wie waren die ersten Wochen und Monate, was trafen Sie an, und wie brachten Sie sich ins Schweizer Team ein?
Alof: Ich traf hier auf erfahrene Mitarbeiter, die den Schweizer Markt, seine speziellen Bedürfnisse und Anforderungen gut kannten. Wichtig war mir im Zuge einer Neuausrichtung, dieses Know-how noch deutlicher mit der starken Kundenorientierung von igus in Verbindung zu bringen. Denn wir möchten mit dem Anwender in direktem Austausch stehen, um neue Ideen zu entwickeln und zu erfahren, was wir ihm bieten können, damit er mit unseren Hochleistungskunststoffen für Bewegung seine Kosten senken und die Lebensdauer seiner Anwendung erhöhen kann. Um noch näher am Kunden zu sein, stellten wir speziell für die französische Schweiz zwei neue Mitarbeiter an. Heute spüre ich bereits den igus-Geist in unseren Räumlichkeiten und das ist wichtig und gut so.
Wie gross ist Ihre Niederlassung heute, und wieviel Umsatz realisieren Sie?
Alof: Mit 18 Mitarbeitern realisieren wir 9 Mio. Franken Umsatz. Rund 20 Prozent davon realisieren wir in der Westschweiz, mit steigender Tendenz – die Investition in die beiden französichsprachigen Mitarbeiter war eine richtige Entscheidung. Jeweils 40 Prozent machen wir im Mittelland und in der Ostschweiz.
Wo sitzen Ihre Kunden, und mit welchen Produkten haben Sie hier am meisten Erfolg?
Alof: Während ich in Bayern sehr stark in der Automobilindustrie aktiv war, sind es hier in der Schweiz primär die Maschinenbauer, für die unsere Produkte und Lösungen interessant sind und die sie einsetzen. Werkzeugmaschinenbauer, Anbieter von Sondermaschi- nen, Medizintechnik, Robotik oder für Nischen- märkte wie 3-D-Drucktechnik haben wir spezielle Lösungen und Materialien – den nötigen Erfolg erarbeiten wir uns durch Marktkenntnis. Unsere Produktmanager diskutieren heute mit den Kunden auf Augenhöhe – sie wissen vor dem Besuch, was der Kunde fertigt und wie wir ihn unterstützen können, noch besser zu werden. Gelingt uns dies, dann haben wir auch Erfolg.
Sie sind seit bald eineinhalb Jahren Geschäftsführer der igus Schweiz. Wie ist Ihr Resümee nach diesem Jahr und wo gibt es Ihrer Meinung nach noch Handlungsbedarf?
Alof: Unser Team steht, wir leben den «Brand» igus und unsere Kunden spüren uns dementsprechend. Es muss sich alles um den Kunden drehen. Er zahlt unseren Lohn, nicht igus! Der Transformationsprozess hin zum Kunden und dessen Needs ist noch in vollem Gange, aber ich bin mit dem bisher Erreichten sehr zufrieden – auch wenn diese 15 Monate eine grosse Herausforderung waren. Die Freude, Zufriedenheit und Begeisterung für unsere Produkte und Lösungen zieht sich nun durch unsere ganzes Team.
Erklären Sie uns bitte kurz Ihr oft zitiertes «Sonnensystem».
Alof: Die Sonne bringt Licht und Energie, die Kunden Ideen und Geld zum Überleben. Das ist eine simple Wahrheit, aber jedes Unternehmen kennt die Herausforderung, diese Wahrheit im täglichen Handeln aller Akteure umzusetzen. Innovation treibt uns an und Service bedeutet vor allem Schnelligkeit, kombiniert mit einem tiefen Verständnis für die Kun- den. Dafür ist der Begriff «Moment der Wahrheit» – moment of truth – äusserst passend, denn wenn der Kunde uns braucht, dann müssen wir direkt für ihn da sein – schnell, kompetent, überzeugend.
Ihre Firma verarbeitet primär Kunststoffe – welche Rolle spielen da die Modebegriffe Industrie 4.0 und Internet of Things?
Alof: Der Begriff Industrie 4.0 wurde meines Wissens erstmals 2011 diskutiert und hat seitdem die unterschiedlichsten Level der Euphorie durchlaufen. Klar ist mittlerweile, dass es von der grossen Idee bis zur echten praktischen Umsetzung ein weiter Weg ist. Denn die immer stärkere Verknüpfung aller Ebenen mit ein und derselben Kommunikationstechnik braucht neue Entwicklungen. Wir haben den Trend von Ethernet in der industriellen Anwendung schon vor über zehn Jahren erkannt und brachten als einer der ersten Anbieter Ethernet CAT5- und CAT6-Leitungen speziell für den dauerbewegten Bereich in Energieketten auf den Markt. Diese eignen sich dank ihrer Robustheit und Flexibilität perfekt für die autarken, vernetzten Fabriken von morgen.
Was muss ich mir unter Ihrem Unternehmensmotto «plastics for longer life» vorstellen?
Alof: Hinter «plastics for longer life» steckt unser Anspruch an jedes Produkt, dass es die Kosten senkt oder die Technik der Anwendung durch seinen Einsatz verbessert. Im Idealfall natürlich beides. Darüber hinaus sollen unsere «motion plastics», Hochleistungskunstoffe für Bewegung, ab 24 Stunden lieferbar und online kalkulierbar sein. Nach unserer Kenntnis gibt es kein Unternehmen auf dem Markt, das sich so auf Kunststoff für bewegte Anwendungen spezialisiert hat wie igus. Wir haben ein riesiges Produktsortiment, das branchengrösste Testlabor und garantieren unseren Kunden so einen grossen Nutzen. Kurz gesagt: Wenn jemand etwas an seinen bewegten Anwendungen nachhaltig verbessern will, soll er uns fragen.
Anlässlich der 50-Jahr-Feier letztes Jahr gab es die «iglidur on tour» – ein Smart auf Weltreise. Was ist von dieser spektakulären Aktion geblieben?
Alof: Mit der «iglidur on tour» zeigen wir sehr eindrucksvoll, was Kunststoffteile in Bewegung alles leisten können. Das ist ein Härtetest für die Komponenten, die eingesetzt werden. Von Scheibenwischer und Lenkung über Fahrwerk, der Schaltung und den Sitzsystemen bis hin zum Getriebe und anderen Motorraumaggregaten – die Anwendungsgebiete von Polymergleitlagern in Fahrzeugen sind sehr vielfältig. Wir besuchen mit dem Kleinwagen unsere Kunden in aller Welt, begeistern sie und lassen uns durch ihre Anwendungen inspirieren. Das ist uns gut gelungen; das Fahrzeug dient häufig als Türöffner, auch auf der Tour durch die Schweiz im Dezember. Das Interesse ist hoch. Über die Social-Media-Kanäle verfolgen viele Fans die Tour. So haben wir wöchentlich über 1000 Leser des Blogs, und konnten auch die Anzahl der Facebook-Fans auf deutlich auf über 16 000 steigern. Aber auch das eigentliche Ziel der Reise, zu zeigen, dass die Gleitlager diesen Härtetest über vier Kontinente, durch die Wüste, Schnee, Matsch mit nun rund 100 000 km problemlos überstehen, wurde bisher erreicht. Und so konnten wir auf der Hannover Messe die Gleitlager den Besuchern ebenso wie den Smart zeigen.
Wo sehen Sie auf der technischen Seite die grössten Herausforderungen für Ihr Unternehmen?
Alof: Es gibt bei den «motion plastics» enorme Chancen, die es zu nutzen gilt. Es ist spannend zu sehen, wie Anwendungen realisiert werden, die vor Jahren noch undenkbar waren – zum Beispiel mit riesigen Kunststoffketten im Offshore-Bereich oder Hochlastlagern in Baumaschinen. Immer neue Branchen setzen «motion plastics» ein und profitieren von den Vorteilen. Daher haben wir in den letzten Jahren unser Vertriebsteam sowie die Beratung und Produktentwicklung für einzelne Branchen ausgebaut. Gleichzeitig haben wir allein im Jahr 2013 Filialen in Indonesien, Estland, Bulgarien, Russland, Thailand, Slowenien, Vietnam und der Slowakei eröffnet, in den USA eine neue Fabrik bezogen und China als Hub für den asiatischen Raum ausgebaut. Gerade haben wir die Filiale in der Türkei gegründet.
Diese Investitionen erlauben es, unser Versprechen an kundennahen Service und schnelle Lieferung auch in Zukunft zu erfüllen. Was dann an Umsatz herauskommt – wer weiss das schon? Einer der besten Sätze unseres Gründers Günter Blase lautet: «Wir müssen uns jedes Jahr auf plus 50 und minus 50 Prozent Umsatz einstellen.» Wir arbeiten hart daran, dass wir uns klar auf der positiven Seite dieser Skala wiederfinden.
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