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System bis an die Grenzen ausreizen

Funktechnologien sind in industriellen Anwendungen etabliert. Während die Anforderungen an Zuverlässig- keit, Stör­sicherheit, Reichweite und Energieeffizienz steigen, verschärfen sich regulatorische Anforderungen. Die Long-Range-Technologie LoRa von Semtech bringt in vielen Punkten Verbesserung und erschliesst ein grosses Leistungsspektrum – auch für die Vernetzung der kleinen elektronischen Dinge.

 

LoRa steht für Long-Range-Radio und ist eine vom französischen Startup Cycléo (heute Semtech) entwickelte Modulationstechnik. Sie stellt deutlich grössere Reichweiten und Robustheit zur Verfügung als konkurrierende Technologien. Die ETH-Spin-Off Miromico AG zeigte mit der Entwicklung einer Fernsteuerung für Multikopter mit 100 km Reichweite, wie gross das Potenzial von LoRa in der Praxis ist. Die denkbaren Anwendungen überstiegen bislang die Möglichkeiten, welche die Funktechnologie unter Berücksichtigung aller Aspekte bieten konnte. Die Entwickler von funkbasierten Systemen müssen ständig Kompromisse zwischen Reichweite, Datenrate, Stromverbrauch und Erfüllung von Normen finden. Ob bei einer einfachen Abfrage von Sensormesswerten oder einer Steuerung von weit entfernten Objekten, die zu optimierenden Eigenschaften stehen sich oft diametral gegenüber. Semtechs LoRa-Technologie bietet komplett neue Möglichkeiten. Mit bisher unerreichbaren Eigenschaften ermöglicht sie die Entwicklung von neuartigen Systemen und Lösungen.

Die Modulation lässt sich am Besten als Chirp-Spreizcode-Modulation beschreiben. Als einen Chirp bezeichnet man ein Signal, dessen Frequenz sich mit der Zeit noch oben (up-chirp) oder nach unten (down-chirp) ändert. Grundlage der patentierten Technologie ist die Fähigkeit, einen stabilen Chirp mittels einer speziell entworfenen PLL zu erzeugen. Das erlaubt, Chirps auch mit günstigen Quarzen zu erzeugen, was insgesamt kostengünstigere Systeme erlaubt.

Im Spektrogramm eines Datenpakets lässt sich erkennen, wie mehrere Up-Chirps die Übertragung durch eine Präambel einleiten. Zwei einzelne Down-Chirps markieren deren Ende und den Beginn der Nutzdaten. Innerhalb der Nutzdaten werden die Datenbits durch eine zeitliche Verschiebung der Chirps codiert. Über die Variation der Kanalbandbreite und Chirp-Länge (Spreading-Factor) kann der Entwickler die Systemparameter einstellen und Datenrate gegenüber Linkbudget und Robustheit abwägen. Interessant dabei ist, dass Sender mit verschiedenen Spreizfaktoren sich gegenseitig nicht stören und somit gleichzeitig auf derselben Frequenz senden können. Semtech spricht hier von virtuellen Kanälen. Ein weiterer Schritt in Richtung Robustheit der Übertragung ist die Möglichkeit, die Datenpakete mit einer Forward-Error-Correction (FEC) zu versehen. So können einzelne Übertragungsfehler auf Kosten einer etwas geringeren Nutzbandbreite korrigiert werden. Die LoRa-Transceiver erledigen FEC-Codierung und -Decodierung transparent und konfigurierbar in Hardware.

Ganzer Bereich von 137 bis 1020 MHz

In nackten Zahlen ausgedrückt kann LoRa Signale bis zu 20 dB unter dem Rauschpegel demodulieren. Andere Verfahren wie (G)FSK benötigen einen positiven Signal-Rauschabstand (SNR) von 8 bis 20 dB. Dies ergibt einen Vorteil von 28 bis 40 dB im Linkbudget. Das entspricht der vier- bis sechsfachen Reichweite bei identischer Sendeleistung. In der Praxis kommt noch hinzu, dass Semtechs Low-Power- und Low-Cost-Transceiver mit bis zu +20 dBm senden können. Weit verbreitete Transmitter-ICs zum Beispiel von Texas Instruments oder Nordic Semiconductor benötigen dafür schon externe Leistungsverstärker mit den bekannten Nachteilen bei Platz- und Energiebedarf, Entwicklungsaufwand sowie Kosten. Total ergibt sich so ein Link-Budget von bis zu 168 dB. Im Schichtenmodell von Netzwerkprotokollen stellt die LoRa-Modulation die physikalische Schicht (PHY) dar. Die enorme Reichweite hilft, die Komplexität bisheriger Lösungen wie Mesh-Netzwerke mit ihrer inhärent komplexen und energiehungrigen Paketweiterleitung zu reduzieren. Im Ergebnis verbessern sich Zuverlässigkeit und Störunempfindlichkeit der Kommunikation enorm. Semtechs aktuelle LoRa-Transceiver selbst decken den kompletten UHF-Frequenzbereich zwischen 137 bis 1020 MHz ab. Dies beinhaltet auch die beiden LoRa-WAN-Frequenzbänder 868 MHz (Europa) und 915 MHz (USA). Ein kostenoptimiertes Design kann aber problemlos beide Bänder mit ein- und derselben Hardware abdecken. Dass LoRa derzeit nur von Semtech selbst angeboten wird, wird manchmal als Nachteil gegenüber weit verbreiteten Technologien wie FSK angesehen. Das ändert sich aber in absehbarer Zeit. Semtech und ST Micro­electronics haben zur CES 2016 im Januar angekündigt, im Bereich IoT und LoRa zu kooperieren. ST wird Mikrocontroller basierend auf seiner weit verbreiteten STM32-Familie mit integrierter LoRa-Technologie auf den Markt bringen.

Weltweit standardisiertes IoT-Netzwerk

Über die konventionelle Point-to-Point-Funktionalität hinaus, bietet Semtech einen speziell für Gateways entwickelten Konzentrator-IC an. Dieser kann auf 8 Frequenzbändern bis zu 1,5 Mio. Pakete am Tag empfangen. Zusammen mit dem offenen LoRa-WAN-Protokoll kann der Chip mehr als 60 000 IoT-Geräte ans Internet anbinden, wenn jedes Gerät im Schnitt einmal je Stunde ein Paket sendet. Das Ziel der von Semtech begleitend gegründeten LoRa-Allianz ist die Schaffung eines kostengünstigen, weltweit standardisierten IoT-Netzwerks. Gerätehersteller oder Netzwerkprovider wie die KPN in den Niederlanden, Swisscom in der Schweiz oder Orange in Frankreich betreiben Netzwerke von LoRa-WAN-Gateways mit optionaler Cloud-Anbindung. Die verschlüsselten Daten gelangen vom einzelnen IoT-Gerät über den Gateway zu einer Server-App in der Cloud vom Gerätehersteller oder dem Netzwerkprovider. Zukünftig können LoRa-WAN-Knoten an praktisch beliebigen Orten weltweit betrieben werden. In einem kürzlichen ersten Test wurde die Anbindung eines LoRa-WAN-Netzwerkes über das weltweite Satellitennetzwerk Iridium an das Internet demonstriert.

Neben der grossflächigen Vernetzung von Geräten über ein LoRa-WAN, kann die LoRa-Technologie auch im industriellen Umfeld auftrumpfen. Die extrem hohe Empfindlichkeit von bis zu –148 dBm erlaubt, die Sendeleistung stark zu reduzieren. Daraus resultieren lange Laufzeiten von batteriebetriebenen Sensoren und Aktoren. Die viel bessere Immunität gegenüber breitbandigen Störungen empfiehlt ­LoRa-basierte Sensoren für den Einsatz in stark elektromagnetisch gestörten industriellen Umgebungen. Auf die jeweilige Anwendung zugeschnittene proprietäre Funkprotokolle erlauben es, das System bis an die Grenzen auszureizen.

Bald batterielose und wartungsfreie Sensoren mit Energy-Harvesting

Auf Basis der LoRa-Technologie hat Miromico für TBS Avionics eine UHF-Funkfernsteuerung für Multikopter entwickelt, die alle am Markt verfügbaren Systeme weit hinter sich lässt. Die Vorteile von LoRa wurden mit zusätzlichen, selbst entwickelten Techniken, kombiniert. Das schnelle adaptive Frequenzsprungverfahren (FHSS) und ein speziell entwickelter Leistungsverstärker helfen die jeweils länderspezifische erlaubte, maximale Sendeleistung voll auszuschöpfen (Europa bis zu 500 mW, USA bis zu 2,8 W). Die Sendeleistung wird adaptiv angepasst, um das Umfeld und andere Systeme nicht unnötig zu stören und eine optimale Batterielaufzeit zu erreichen. Ein weiteres Novum ist der Empfänger mit echtem Diversity, also zwei vollständigen und unabhängigen Sende-/Empfangspfaden. Das erlaubt Polarisationsverluste aufgrund der sich ständig gegeneinander drehenden Sender- und Empfängerantennen auszugleichen. Im schlimmsten Fall führen schlecht ausgerichtete Antennen zu einer Reduktion der Reichweite auf weniger als ein Fünftel.

Überträgt man die Vorteile von LoRa nun auf das industrielle Umfeld, erkennt man schnell das Potenzial. Verteilte Sensorik, die über LoRa vernetzt wird, kann einfach in einem grösseren Gebäude oder einer Industriehalle ohne komplexe Netzstruktur oder Router installiert werden. Adaptive Datenraten von 0,018 bis 38 kbd und eine dem aktuellen Übertragungskanal angepasste Sendeleistung erlauben reibungslose, zuverlässige Kommunikation. Das enorme Linkbudget erlaubt einerseits eine Kommunikation über grosse Distanzen für Applikationen wie Objektverfolgung oder Messwerterfassung und Aggregation. Andererseits kann für Anwendung mit geringerer Anforderung an die Reichweite, einfach die Sendeleistung gedrosselt werden und so kostbare Energie gespart werden. Batterielose und wartungsfreie Sensoren auf Basis von Energy-Harvesting rücken in greifbare Nähe. Auch die Einhaltung der regulatorischen Vorschriften wird erheblich vereinfacht.

Open-Source-Stack bietet Investitionsschutz für die Zukunft

In Entwicklung und Serienproduktion stellt die extreme Empfindlichkeit der LoRa-Technologie neue Anforderungen an Test- und Analysesysteme. Um Geräte und Systeme an der Grenze der Empfindlichkeit zu testen, sind neue, aufwendiger geschirmte Setups notwendig. Übliche einfache Schirmboxen erreichen bis zu 60 dB Dämpfung. Bis zur Grenzempfindlichkeit von LoRa fehlen bei der geringsten einstellbaren Sendeleistung von +3 dBm immer noch 90 dB. Eine Alternative stellen Sig­nalgeneratoren mit LoRa-Unterstützung dar. Auch der erreichbare Sig­nalrauschabstand von –20 dB muss bei der eigenen Entwicklung und in der Produktion reproduzierbar getestet werden können, um die aus LoRa resultierenden Versprechen auch in den Produkten an die Kunden liefern zu können. Der Einsatz eines kostengünstigen, getesteten und vorzertifizierten Funkmoduls, wie zum Beispiel dem FM-LoRa von Miromico, ermöglicht es auch ohne eigenes Know-how, von den Vorteilen von LoRa zu profitieren. Der Open-Source-Stack und das Firmware-Update über die Luft (OTA) bieten zusätzlichen Investitionsschutz für die Zukunft. 

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