Nach neunjähriger Bauzeit wurde Ende Juni die neue, dritte Fahrrinne des Panamakanals eröffnet. Ab sofort können Schiffe mit einer Länge von bis 366 Meter und einer Breite von fast 50 Meter die Abkürzung zwischen Atlantik und Pazifik befahren. Bislang war die Passage nur Schiffen möglich, die maximal 290 Meter lang und 32 Meter breit waren. Lagerlösungen von Schaeffler bewegen Schleusentore und Ventile.
Lager für sicheren Schleusenbetrieb
Eine Schlüsselrolle nehmen Komponenten von Schaeffler bei der Betätigung der Schleusentore ein. Die Schleusen sind sowohl auf atlantischer als auf pazifischer Seite notwendig, damit die Schiffe einen Höhenunterschied von 26 Metern überwinden und das Landesinnere passieren können. Dies geschieht mit jeweils drei aufeinander folgenden Schleusen, mit Wasser aus benachbarten Speicherbecken geflutet werden. Die aus Stahlbeton bestehenden Schleusentore haben gewaltige Ausmaße: Sie sind 50 Meter breit, 30 Meter hoch und 10 Meter dick. Aus Sicherheitsgründen sind je Staustufe zwei Tore verbaut, die sich zur Seite hin öffnen. Den Mechanismus, um die Tore zu öffnen und zu schließen, entwickelte die italienische Ingenieurgesellschaft Cimolai Technology. Für die Bewegung sorgen je Tor zwei Hauptantriebe, die eine Seilwinde antreiben. Die Trommeln der Stahlseilwinden sind mit Pendelrollenlagern von Schaeffler gelagert. Da zum Antrieb der Tore sehr hohe Momente bis zu 330.000 Newtonmeter benötigt werden, ist jeweils ein Getriebe eingebaut, das das Moment der Elektromotoren um das 280-fache erhöht. Die von PIV Drives, einem Unternehmen der Brevini-Gruppe, entwickelten Getriebe sind ausschließlich mit Kegel-, Pendel- und Zylinderrollenlagern von Schaeffler bestückt. Ein Großteil der Lager wurde mit der
Schaeffler-Beschichtung Triondur C ausgeführt, um Verschleiß vorzubeugen und damit den Betrieb über einen Zeitraum von 35 Jahren zu ermöglichen. Sowohl am oberen Ende als auch auf dem Grund der Schleusenbecken übernehmen je zwei sogenannte „Wagen“ die Führung der 3.100 Tonnen schweren Tore. Dabei handelt es sich um Führungsrollen, die nicht nur dem Eigengewicht der Tore, sondern auch dem Druck von 430 Millionen Liter Wasser je Becken standhalten müssen. Die Führungsrollen sind mit Pendelrollenlagern von Schaeffler ausgestattet.
Lager für ressourcenschonenden Wasserkreislauf
Ein wesentliches Merkmal des neuen Panamakanals sind drei Speicherbecken, die sich neben jeder Staustufe befinden. Sie sorgen für einen ressourcenschonenden Wasserkreislauf: Um das Wasser in einer Staustufe abzulassen, öffnen sich mehrere Ventile in einem unterirdischen Kanal, der die Sparbecken und die Staustufe miteinander verbindet. Aufgrund der großen Abmessungen von bis zu sieben Metern wurden die von Hyundai Samho zugelieferten Ventile ebenfalls als Tore ausgeführt. Die stählernen Führungsrollen für diese Tore sind mit Lagern von Schaeffler ausgestattet. Die verwendeten Lager sind chrombeschichtet und daher besonders korrosionsgeschützt. Zum Einsatz kommen dabei unterschiedliche Varianten der von Schaeffler entwickelten Durotect-Beschichtung.
Herausfordernde Bedingungen
Die besondere Herausforderungen bei den Lagerlösungen für den Panamakanal skizziert Schaeffler-Ingenieur Francesco Capittini wie folgt: „Die langsame Bewegung führt dazu, dass in den Lagern teilweise eine quasi-statische Belastung mit sehr hohen Kräften vorliegt.“ Hinzu kommt, dass der Betrieb des Panamakanals aufgrund seiner Bedeutung für den Welthandel zuverlässig rund um die Uhr funktionieren muss. Nur alle fünf Jahre ist ein Wartungsintervall vorgesehen. Trotz der hohen Anforderungen, die der Ausbau des Panamakanals an die Technik stellte, konnte Schaeffler teilweise Lösungen auf der Basis von Standardprodukten erarbeiten. Das internationale Netzwerk von Technologen und Anwendungsspezialisten setze darüber hinaus spezifische Sonderlösungen um. Dr. Stefan Spindler, im Vorstand von Schaeffler für das Industriegeschäft verantwortlich, erläutert: „Unsere Vertriebsmannschaft besteht weltweit aus Ingenieuren. Sie arbeiten mit Schaeffler-Experten verschiedener Disziplinen wie Beschichtungstechnologen und Berechnungsexperten zusammen und können so unseren Kunden Lagerlösungen für die anspruchsvollsten Anwendungen anbieten.“ Das bestätigt Matteo Maretto, Mitglied des Entwicklungsteams bei Cimolai Technology, der italienischen Ingenieurgesellschaft, die den Mechanismus für die Bewegung der Schleusentore entwickelt hat: „Die Lager sind für die Gesamtfunktion der Schleuse eine sehr kritische Komponente. Sie müssen unter allen Umständen funktionieren, sonst käme der komplette Betrieb zum Stillstand. Schaeffler hat uns während der Entwicklung gut beraten.“