Bei der Mustererkennungstechnologie handelt es sich um eine neuronale Matrix, welche Inhalte im direkten Abgleich zu vorliegenden Mustern klassifiziert. Die Matrix ist ein leistungsfähiger parallelisierter, assoziativer Speicher (inhaltsadressierbarer Speicher, engl. Content Adressable Memory, CAM), der in keinem direkten Zusammenhang mit einem (zusätzlichen) MCU-Kern – und somit auch nicht mit einem Befehlssatz oder Compiler – steht. Die integrierte Hardware-IP, ein spezieller Intel-Funktionsblock, beruht auf einem Netzwerk paralleler Recheneinheiten – den Neuronen – zur Umsetzung von KNN- und RBF-Algorithmen (K-nearest neighbor, radiale Basisfunktion).
Grosse Assoziativspeicher mit neuronalen Netzen umsetzen
Bei klassischen Speichern gibt die Adressierung mit expliziten Adressen regelmässig eine Struktur wieder; die dadurch definierten Speicherstellen sind zunächst mit einem «leeren» Wert besetzt. Die Programmierung erfolgt regelbasiert. Der Assoziativspeicher hingegen greift mittels Assoziation von Inhalten auf einzelne Speicherinhalte zu. Dabei ist die Strukturorganisation vom jeweiligen Zugriff unabhängig. Im idealisierten Assoziativspeicher entstehen Speicherstellen nur dort, wo zuvor ein Schreibvorgang stattgefunden hat. Der Zugriff auf einen Inhalt erfolgt über die Eingabe eines Speicherwertes und nicht über eine Speicheradresse.
Die Umsetzung grosser Assoziativspeicher ist schwierig, da auch unscharfe Eingaben zum gewünschten Ergebnis führen sollen. Dies lässt sich mit neuronalen Netzen lösen. Der Schlüssel zum Erfolg – das heisst für die korrekte Verarbeitung eines Musters – ist das richtige Trainieren des neuronalen Netzes. Dies erlaubt die Mustererkennungstechnologie des Intel Quark SE.
Mustererkennungsblock bildet dynamisch rekonfigurierbare Matrix
Der integrierte Intel-Funktionsblock für Mustererkennung erlaubt zusammen mit einer neuartigen, hocheffizienten Signalvorverarbeitung die Szenarioanalyse. Damit lassen sich komplexe Szenarien deutlich schneller und besser analysieren als mit herkömmlicher Softwareprogrammierung. Dabei ist diese Lösung – abhängig vom Anwendungsprofil – häufig einfacher umzusetzen und eröffnet zudem neue Anwendungsvarianten.
Der Mustererkennungsblock des Intel Quark SE bildet eine dynamisch rekonfigurierbare Matrix. Indem die aufwendige regelbasierte Programmierung aufgegeben wird, erhält sie die Fähigkeit zur inhaltlichen Neukonfiguration, zum Selbstlernen sowie zur sukzessiven Annäherung. Sie kann trainiert werden und daraufhin beliebige Datentypen einstufen. Dabei werden neu eingegangene Daten mit den im MCU vorliegenden, erlernten Daten verglichen und die grösste Übereinstimmung identifiziert.
Im Vergleich zur traditionellen Programmierung nach Regeln bietet die integrierte Mustererkennungstechnologie einige Vorteile:
- standardisierter Ablauf und Automatisierung der Algorithmenentwicklung
- adaptive Analytik ermöglicht stetiges Lernen und Präzisieren
- gleichbleibende Erkennungszeit pro Schritt unabhängig vom Datenaufkommen
- verkürzte Entwicklungszeit für Algorithmen und damit eine kürzere Time-to-Market
Das Potenzial der Mustererkennungstechnologie lässt sich vor allem bei besonders komplizierten Anwendungsfällen voll ausschöpfen.
Integrierter Sensor-Hub dient der Abtastung der Signale
Eine weitere Neuheit des Intel Quark SE ist der integrierte Sensor-Hub. Dieser dient der regelmässigen Abtastung von Sensoreingangssignalen und im weiteren Verlauf der Mustererkennung zur Einordnung von Aktivitäten- und Gestenerkennung. Dank der Intelligenz im direkten Umfeld von Sensorik und Endgeräten kann die in Netzwerken anfallende Datenmenge reduziert werden. Somit wird auch die Beanspruchung von Gateway-Kapazitäten und damit ggf. auch Kosten für das Vorhalten von Bandbreite minimiert.
Die integrierte Funktionseinheit trägt durch die Abarbeitung programmierbarer Wake-up-Signale dazu bei, den Stromverbrauch zu optimieren. Bedingt durch den CPU-Ruhezustand ergibt sich insbesondere bei häufiger Abfrage mehrerer Sensoreingangssignale im Always-Listening-Modus ein wesentlicher Stromspareffekt verbunden mit einer verlängerten Akkulaufzeit.
Intel-spezifische Befehlssätze für diverse Aufgaben
Das Sensorsubsystem stellt eine integrierte Hard- und Softwarelösung für Steuerungsaufgaben zur Verarbeitung von Analog- und Digitaleingangssignalen dar, es dient der Entlastung des Host-Prozessors sowie der Verarbeitung von Sensordaten im Low-Power-Betriebsmodus in Bezug auf den Host-Prozessor. Der dafür notwendige 32-Bit-Prozessor – ein ARC EM4 DSP – verfügt über eng gekoppelte Funktionsblöcke für den Zugriff mit minimaler Latenzzeit. Das Sensorsubsystem umfasst eine Reihe von Intel-spezifischen Befehlssätzen für die Bruchrechnung, die Verarbeitung komplexer Zahlen, die Generierung von Sin/Cos-Funktionen und Gleitkommatext (FPU). Es besteht Zugriff auf einen 8KB L1 Instruction Cache sowie einen 8 KByte grossen Data CCM (Closely Coupled Memory).
Für den Anschluss von Sensoren existiert ein Zugang zu 12-Bit-Analogdigitalwandlung mit bis zu 19 Kanälen sowie 16 GPIO-Anschlüssen. Als serielle Datenbusanschlüsse kommen zwei I2C-Master (Standard/FM) und zwei SPI Master (16 MHz Takt mit 4 Chip Selects) zur Anwendung.
Für das Sensorsubsystem steht ein separater Compiler zur Generierung einer Binärdatei zur Verfügung. Aktuell stehen hierfür ein Open Source, GCC-basierter Compiler mit Eclipse Plug-In von GitHub und eine Designware IDE von Synopsys zur Auswahl. Sowohl der Sensor Hub wie auch die Mustererkennungstechnologie sind als vollintegrierte Hardwarelösung realisiert, damit entstehen keine Kosten für die Beschaffung zusätzlicher Komponenten.
Einsatzbereiche und personenbezogener Schutz
Durch die Mustererkennung im Verbund mit dem Sensor Hub erlaubt der Quark SE die Erkennung und Analyse von Verhaltens- und Aktivitätsmustern, die biometrische Authentifizierung, die vorbeugende Wartung auch auf Basis von Ferndiagnose sowie die Hochgeschwindigkeitsdatenanalyse in Sensornetzwerken – und damit ganz neuartige Anwendungen. Einige Beispiele zeigen die Möglichkeiten auf.
Tragen Minenarbeiter, Feuerwehrleute oder andere gefährdete Einsatzkräfte während des Einsatzes verschiedene personenbezogene Sensoren, lassen sich alle relevanten Daten aufnehmen, um ihnen höchste Sicherheit zu bieten. Zum Equipment gehören z. B.:
- Gerät zur Gestikerkennung des Oberkörpers und der Arme
- intelligenter Aktivitätsmonitor direkt am Körper für die Aktivitätserkennung
- Gassensorgerät
- Spitzenpulsüberwachung
- CO2-Detektion vor Ort
- Ortung sowie die Zusammenführung von Sensordaten vor Ort (mobile Sensorfusion)
- Kontakt zum ersten Ansprechpartner vor Ort (ggf. zu einem Standort im Innenbereich über WiFi)
- Datenaufnahme in der Cloud
- mobile Visualisierung im oberen Bereich des Netzwerks
- Monitoring zum Grad der Sensordatenabarbeitung (sog. PoC elements)
Home Smart Meter und Gateway
Im Rahmen der Verbrauchsmessung ist der Eingang des Mikrocontrollers über ein analoges Frontend mit der Spannungs- und Stromsensorik für die Verbrauchsmessung verbunden. Nach der weiteren Bearbeitung der umfangreichen Daten werden die Ergebnisse auf einem externen Display angezeigt und extern gespeichert. Durch die Verbindung zum «Intel Home Energy Gateway» und einer RS485-Schnittstelle stehen die Daten in einem weitreichenden Netzwerk zur Verfügung. Eine solche IoT-basierte Energiedatenerfassung und -verarbeitung ist eine Schlüsseltechnologie im Rahmen eines Energiemanagements. Hier erlauben die Quark-Bausteine mit integriertem Quark Core die Gesamtintegration in ein Energiemanagementnetz (Energy Management Framework) und damit eine erhebliche Arbeitsreduzierung für die Solution Provider.
Das End-to-End-Framework von Intel stellt die Hard- und Softwareelemente zur Verbindung der Energiesystemgeräte in die Cloud bereit, erlaubt ferngesteuertes Systemmanagement und identifiziert Möglichkeiten zur drastischen Reduzierung des Energieverbrauchs. Es reicht vom Energiemanagement-Gateway für die Vernetzung von Energie und Sensoren bis zu Gerätemanagementlösungen auf der Cloud-Seite, welche mit Kundensystemen vernetzt sind.
Ferndiagnose zur Motorüberwachung benötigt Dateneingang
Die Fernüberwachung eines Motors benötigt einen Dateneingang für Bluetooth und das USB-Protokoll sowie eine Nutzerschnittstelle für JTAG. Die interne Datenbearbeitung erfolgt in Bezug auf x-, y-, z-Anteile, bzw. -Vektoren mittels extern erweitertem Speicherumfang. Hinzu kommen Sensoreingänge mit bidirektionaler Kommunikation für die Messung der Beschleunigung und der Magnetfeldstärke sowie ein Ultraschallmikrofon.
Softwareaufwand reduzieren
Mit seiner Kombination aus integriertem Sensor-Hub und Mustererkennungstechnologie bietet Intel ein echtes Alleinstellungsmerkmal an. Der Nutzer profitiert durch reduzierten Softwareaufwand und durch die Möglichkeit, neuartige Anwendungsfälle zu realisieren, die eine umfangreiche Sensorik und Datenanalyse voraussetzen. Der Quark SE weist genug Möglichkeiten auf, um die Konnektivität abzusichern bzw. verkabelte Verbindungen umzusetzen. Auf integrierte Wireless-Funk-tionsblöcke zum Aufbau einer drahtlosen Kommunikation wird in der aktuellen Version verzichtet. Diese sind jedoch in der Roadmap für 2017/2018 berücksichtigt. Zur Umsetzung mobiler Anwendungen von Geräten und Boards bedarf es weiterer Komponenten.
Den Stromverbrauch senken ist ein wichtiges Ziel
Hinsichtlich der Stromspareigenschaften im Stand-by-Modus kann Intel mit dem Quark SE sicher nicht alle Erwartungen erfüllen. Vergleicht man den Quark D2000 – die Vorgängerserie in gleicher Technologie im QFN40-Gehäuse – mit einem Wettbewerber aus der Cortex M0+-Klasse (32 Bit, 32 MHz), so lässt sich für den Intel-Quark-SE-Mikrocontroller ein rund fünffach höherer Verbrauch im Power-Down-Modus ableiten.
Da im Edge-IoT-Umfeld 8- und 16-Bit-Mikro- controller für Ultra-Low-Power-Anwendungen üblich sind, kann es problematisch sein, die geforderten Gerätelaufzeiten bei ausgedehnten Stand-by-Betriebsmodi auf Grundlage der Quark-Familie zu realisieren. Allerdings bietet die Sensor-Hub-Funktion des Quark SE Möglichkeiten, Laufzeiten im CPU-Run-Modus im Sensor-Always-Listening-Modus zu reduzieren und so den Stromverbrauch zu senken.
Durchgängigkeit lässt sich bis zum Edge IoT ausweiten
Der Intel-Quark-Prozessor-Core, welcher kompatibel zum Pentium 586 ISA ist und einen zum Pentium weitestgehend kompatiblen Befehlssatz aufweist, beflügelt zurecht die Fantasie einer einfachen, nahtlosen Einbindung in Intel-Plattform-Netzwerkstrukturen und allen für den Endkunden damit verbundenen Vorteilen. So umfasst die Intel-IoT-Plattform Modelle für Referenzarchitekturen zur Verbindung verschiedener Endpunkte sowie ein eigenes Ökosystem zur Umsetzung sicherer Verbindungen von elektronischen Geräten, auch in Bezug auf den Einsatz von Lösungen anderer Hersteller. Die Plattform erlaubt die Bereitstellung vertrauenswürdiger Daten in die Cloud und stellt in Bezug auf Möglichkeiten der Datenauswertung – Data Analytics – eine wichtige Bereicherung dar.
Mit dem Einsatz von Intel-Produkten wie dem Quark SE innerhalb dieser Plattform entstehen für Netzwerkbetreiber wie auch Nutzer wertvolle Synergien. Gleichzeitig lässt sich die Sicherheit in Netzwerkstrukturen im Rahmen der Intel-Plattform Security und Trust durchgängig bis zum Edge IoT, d.h. bis zum Sensor bzw. Aktuator oder Endgerät, ausweiten.
Fazit
Mit dem Quark SE unternimmt Intel neben dem bereits erfolgreich eingeführten Quark-D2000- Mikrocontroller im QFN-40-Gehäuse nunmehr einen grossen Schritt zur Einbeziehung von Endgeräten, Sensorik und Aktuatoren in die Intel-IoT-Plattform. Manche Kunden vermissen sicher die Vielfalt an Derivaten, wie sie sonst im Edge-IoT-Markt zu finden ist. Als Variante hat Intel den Aufbau im FCBGA 144 angekündigt. Und mit dem starken Fokus auf das Thema «Edge IoT» sind noch viele weitere Innovationen zu erwarten.
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