Digitale Oszilloskope sind in der elektronischen Forschung, Lehre und Industrie unverzichtbare Messgeräte. Bei der Auswahl eines geeigneten Oszilloskops stehen häufig die Bandbreite und Abtastrate im Mittelpunkt. Weitere Aspekte sind die Speichertiefe und Bedienbarkeit; für letztere spielt auch die Bildschirmgrösse eine wichtige Rolle. Es gibt allerdings eine wachsende Zahl von Applikationen, bei denen mehr als 8 Bit vertikale Auflösung nützlich oder sogar notwendig sind. Neben der Verwendung eines entsprechend leistungsfähigen A/D-Wandlers werden auch verschiedene alternative Methoden eingesetzt, um die vertikale Auflösung zu erhöhen. Zu den bekannten Verfahren gehören die Signalmittelwertbildung und sogenannte HiRes-Erfassungsmodi. Beide werden in diesem Artikel besprochen.
10 Bit bedeuten eine viermal höhere Auflösung
In digitalen Oszilloskopen wurden seit ihrem Aufkommen in aller Regel A/D-Wandler auf 8-Bit-Basis verbaut. Dies geschah aus dem einfachen Grund, dass die Technologie für höher auflösende A/D-Wandler mit einer entsprechend hohen Abtastrate und geringem Rauschen noch nicht verfügbar war. Darüber hinaus werden normalerweise nur in High-End-Oszilloskopen herstellerspezifische A/D-Wandler eingesetzt, während in der Einsteigerklasse aus Kostengründen meist auf Standardkomponenten zurückgegriffen wird. Diese entsprechen jedoch in der Regel nicht dem aktuellen Stand der Technik.
Heute sind A/D-Wandler mit 10 oder sogar 12 Bit Auflösung und Abtastraten, die typischerweise Bandbreiten von bis zu 1 GHz unterstützen, auf dem Markt verfügbar. Der höhere Preis im Vergleich zu 8-Bit-Komponenten hat jedoch bisher die Verwendung in Geräten unterhalb von etwa 5000 Euro Startpreis verhindert. Die Oszilloskope der Reihe RTB2000 greifen auf den 10-Bit-A/D-Wandler zurück, den Rohde & Schwarz ursprünglich für den Scope Rider entwickelt hat – das isolierte, tragbare Multifunktionsoszilloskop mit Optionen wie MSO und Triggerung & Decodierung serieller Protokolle.
Die Verwendung dieser Eigenentwicklung beim RTB2000 erlaubt es, im Vergleich zu Oszilloskopen mit 8-Bit-A/D-Wandler eine deutlich höhere vertikale Auflösung zu erzielen und den Einstiegspreis dennoch tief zu halten. Die heute immer niedrigeren Spannungs-niveaus und steigenden Effizienzanforderungen an der Spannungsversorgung verringern die Toleranzen beim Messen an Elektronikschaltungen. Für Ingenieure können die Genauigkeit und Auflösung bei Spannungsmessungen daher kaum hoch genug sein. Eine Beispielrechnung für ein 1-V-Signal ergibt beim 10-Bit-Wandler eine Auflösung von etwa 1 mV, beim 8-Bit-Wandler eine Auflösung von 4 mV. Entwickler, die Signale leistungselektronischer Bauelemente analysieren müssen oder mit hohen Dynamikbereichen zu tun haben, profitieren von dem vierfach höher aufgelöst gemessenen Signal.
Um diese kleineren Signaldetails gewinnbringend nutzen zu können, benötigt das Oszilloskop eine entsprechend rauscharme Eingangsstufe. Hätte das Oszilloskop einen Rauschpegel von 4 mV, würde die höhere Auflösung keine Vorteile bringen, da lediglich das Rauschen des Oszilloskops digitalisiert würde. Neue Signaldetails würden sich im Vergleich zu einem 8-Bit-Oszilloskop nicht zeigen. Es ist daher wichtig, nicht nur auf die Auflösung des Oszilloskops, sondern auch die Rauscheigenschaften zu achten.
Methoden zur Erhöhung der vertikalen Auflösung
Neben der Verwendung eines entsprechenden A/D-Wandlers gibt es noch verschiedene andere Methoden zur Verbesserung der vertikalen Auflösung eines Oszilloskops. Die gängigsten Verfahren sind die Mittelwertbildung aus mehreren Aufzeichnungen sowie die Mittelung durch Überabtastung im sog. HiRes-Erfassungsmodus.
Eine häufig genutzte Methode zur Erhöhung der Auflösung ist die Mittelung über mehrere Aufzeichnungen. Diese wird in der Regel über die Mathematikfunktionen des Oszilloskops realisiert. Der Algorithmus bildet die Mittelwerte aus mehreren aufeinanderfolgenden Aufzeichnungen. Je mehr Aufzeichnungen gemittelt werden, desto besser die erzielbare Auflösung. Ein Vorteil der Mittelwertbildung ist, dass auch das Breitbandrauschen reduziert wird, sodass das gemessene Signal präziser dargestellt werden kann. Es gibt jedoch auch zwei gravierende Nachteile dieser Methode:
- Die Daten mehrere 100 Male zu erfassen und zu verarbeiten, um die benötigte Auflösung zu erzielen, ist zeitaufwendig
- Die Methode kann nur bei sich wiederholenden Signalen wie z. B. Taktsignalen eingesetzt werden
HiRes – Mittelung einer einzelnen überabgetasteten Aufzeichnung
Die meisten Signale wiederholen sich jedoch nicht periodisch, sodass die Mittelung über mehrere Aufzeichnungen ausgeschlossen ist. Immer mehr Oszilloskope unterstützen einen hochauflösenden HiRes-Erfassungsmodus (manchmal auch Decimation Mode genannt). Bei dieser Methode wird auf Überabtastung zurückgegriffen, d. h. eine Abtastrate des A/D-Wandlers, die höher ist als die gemäss Nyquist-Kriterien zur exakten Signalrekonstruktion erforderliche Rate. Die zusätzlichen Messwerte werden gemittelt und die resultierende Signalform wird angezeigt. Da nur über Werte aus einer einzelnen Aufzeichnung gemittelt wird, lässt sich mit dieser Methode auch bei sich nicht wiederholenden Ereignissen eine höhere vertikale Auflösung erzielen. Theoretisch berechnet sich der Gewinn der vertikalen Auflösung nach der Formel 0,5 × ln(N)/ln(2). Die Variable N steht hier für den Faktor der Überabtastung. Um beispielsweise zwei zusätzliche Bit zu erhalten, wird ein Faktor von 16 benötigt.
Besitzt ein Oszilloskop eine maximale Abtastrate von 1 GSa/s und einen 8-Bit-A/D-Wandler, liegt seine dezimierte Abtastrate bei 10 Bit vertikaler Auflösung im HiRes-Modus also bei 62,5 MSa/s.
Praktisches Beispiel
Im Anschluss an die theoretische Besprechung soll nun anhand eines praktischen Beispiels verdeutlicht werden, wie sich eine höhere Auflösung des A/D-Wandlers auswirkt. Als Testsignal verwenden wir eine exponentiell gedämpfte Sinusfunktion – einen verhältnismässig starken Puls mit nach beiden Seiten gedämpfter Amplitude. Es handelt sich um ein Signal mit hohem Dynamikumfang, bei dem uns die kleinen Details interessieren.
Ein solches Signal ist in vielen Waveform-Generatoren als vordefinierte Funktion verfügbar – dies gilt auch für den in das RTB2000 integrierten Generator. Das Signal wird in ein HMO2024 Oszilloskop eingespeist, welches für seinen ausgezeichneten rauscharmen Erfassungsweg mit 200 MHz Bandbreite bekannt ist. Dieses Oszilloskop besitzt einen sehr guten Standard-A/D-Wandler mit 8 Bit. Das gleiche Signal wird ausserdem in das RTB2000 eingespeist, das Nachfolgemodell des HMO2024. In das RTB2000 wurde ein von Rohde & Schwarz entwickelter 10-Bit-A/D-Wandler verbaut.
Es ist klar zu erkennen, dass die vierfach höhere Auflösung des A/D-Wandlers des RTB2000 in Verbindung mit der rauscharmen Eingangsstufe detailliertere Ergebnisse liefert und genauere Messungen ermöglicht. Wird der Zoom so eingestellt, dass in vertikaler und horizontaler Richtung jeweils der gleiche Signalbereich zu sehen ist, zeigt sich der Unterschied noch deutlicher. Beim HMO ist das niederwertigste Bit des 8-Bit-A/D-Wandlers in Form einer stufigen Anzeige zu erkennen.
Datasheet: 13_17.51.pdf
Broschüre: 13_17.52.pdf
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