Fünf Betriebsführungszentralen organisieren die Streckenabschnitte der ÖBB. Sie befinden sich in Wien, Linz, Salzburg, Innsbruck und Villach. Für die hochwertig ausgerüsteten Arbeitsplätze der DisponentInnen stand 2015 ein Generationswechsel an. Neue Bildschirme sowie Bediengeräte, die den aktuellen Bedingungen für den Arbeitnehmerschutz entsprechen, sollten die vorhandene Infrastruktur ablösen. Grundlage für die Ausschreibung war ein Lastenheft, in dem die funktionalen Anforderungen im Detail definiert worden waren.
Bis zum Zuschlag an S&T vergingen rund acht Monate. Der auf IT- und Embedded-Lösungen spezialisierte Konzern konnte dabei nicht nur alle geforderten technischen Bedingungen erfüllen, sondern hat, gerechnet nach der von den ÖBB vorgegebenen Lebensdauer von zehn Jahren, auch das attraktivste Angebot vorgelegt. An rund 200 Arbeitsplätzen sollen jeweils zehn bzw. elf Monitore sowie ein Touch Panel-PC die vorhergehende Generation der Monitore ersetzen.
An komplexen Arbeitsplätzen für sicheren Zugverkehr sorgen
Die Arbeitsplätze der ÖBB-DisponentInnen sind mit Monitorwänden ausgestattet und unterliegen dem Arbeitnehmerschutzgesetz, die Bildschirme müssen dazu die strengen gesetzlichen Vorgaben für Bildschirmarbeitsplätze erfüllen. In dieser Verordnung sind nicht nur technische Anforderungen beschrieben, sondern beispielsweise auch Regelungen für den ergonomischen Standort eines Bildschirmarbeitsplatzes sowie Arbeits- und Ruhezeiten festgelegt. Darüber hinaus müssen einige der eingesetzten Systeme vorgegebene Sicherheits-Integritätslevel (SIL) einhalten, welche eine sichere und zuverlässige Anzeige auch für Sicherheitsfunktionen, beispielsweise von Stellwerksbedienoberflächen, ermöglichen. So müssen Monitore in Anwendungen mit bestimmten Stellwerksbauarten den höchsten Sicherheits-Integritätslevel, SIL4, erfüllen, um ein Höchstmass an Zuverlässigkeit sicherzustellen.
Mittels Monitorwänden den optimalen Verkehrsfluss disponieren
Die rund 200 Bedienarbeitsplätze in den Betriebsführungszentralen (BFZ) der ÖBB haben nichts mit klassischen Büroarbeitsplätzen gemein. Jeder einzelne ist mit einer Monitorwand ausgestattet, die sich aus zehn oder elf Monitoren zusammensetzt. An diesen Tischen werden Bilder dargestellt, die für die sichere und pünktliche Disposition des Zugverkehrs sowie Bedienung der Stellwerke notwendig sind. Auch die fahrplanbasierte Zugdisposition wird, teilweise automationsunterstützt, für ganze Streckenabschnitte abgewickelt.
Hierbei handelt es sich um dispositive Arbeitsplätze, an denen die Mitarbeiter einzelne Bereiche stets im Auge haben und bei Bedarf auch vorausschauend agieren müssen, um den verzögerungsfreien Verkehrsfluss zu gewährleisten. So bilden einige der Monitore Stellwerke ab, deren Funktionen beobachtet werden müssen. «Im heutigen Eisenbahnverkehr werden zwar viele Prozesse automatisch abgewickelt, aber ganz ohne den Menschen geht es nicht», beschreibt Gerhard Haipl, bei der ÖBB Infrastruktur im Bereich Bahnsysteme verantwortlich für die Weiterentwicklung der Bedienplatzsysteme, den Alltag am Arbeitstisch eines BFZ-Mitarbeiters. Eine wirklichkeitsgetreue Darstellung des Umfeldes ist für DisponentInnen essentiell, damit sie zum Beispiel eine gestörte Komponente auf einen Blick lokalisieren und entsprechende Aktionen anstossen können. Auf weiteren Monitoren werden von den DisponentInnen zum Beispiel Handlungen gesetzt, die die Planung und Abläufe der Zugfolgen sowie die Kundeninformation und aktuelle Änderungen zum Inhalt haben. Hier nehmen die MitarbeiterInnen beispielsweise Einträge in elektronischen Meldebüchern vor, tragen Verzögerungen ein und stossen eventuell notwendige Meldungen sowie Durchsagen an.
Monitore erfüllen individuelle Anforderungen
Das Agieren mit mehreren Bildschirmen stellt hohe Anforderungen an die Bediener und Bedienerinnen. Daher legen die ÖBB grossen Wert auf die ergonomische Ausrichtung der Arbeitsplätze, um ein möglichst arbeitnehmerfreundliches Arbeiten zu ermöglichen. Dazu gehören einfache Bedienbarkeit der Geräte und die Option, individuelle Einstellungen leicht und ohne grossen Aufwand durchzuführen. «Jeder einzelne Mitarbeiter hat unterschiedliche Anforderungen an den Monitor», weiss ein Servicemitarbeiter aus Erfahrung. «Dem einen ist eine Einstellung zu hell, dem anderen zu dunkel. Beim Schichtwechsel wird daher immer wieder an den Einstellungen gedreht.» Dieser Vorgang müsse zeitnah und ohne grossen Bedienaufwand möglich sein, damit der Betriebsablauf nicht beeinträchtigt wird.
Um ihren MitarbeiterInnen komfortable, moderne Arbeitsplätze zu bieten, entwickelten die ÖBB vor rund elf Jahren einen neuen Typ eines individuellen Arbeitstisches für ihre Bedienplätze. Vorgabe des Arbeitnehmerschutzes war es, alle Monitore eines Tisches zentral anzusteuern, damit sich individuelle Benutzerparameter mit nur wenigen Handgriffen ein- und auch auf die ursprünglichen Werte zurückstellen lassen. Diese Form der zentralen Ansteuerung und einfachen Bedienbarkeit war eine Grundbedingung für die Zustimmung des zuständigen Ministeriums. «Ohne die Umsetzung dieser Bedingungen hätten wir keine Genehmigung zum Betrieb der Bedientische erhalten», erklärt Haipl.
Kreative Entwicklung einer ergonomischen Arbeitsinsel
Um ergonomische Arbeitsplätze zu realisieren, entwickelten die ÖBB seinerzeit im eigenen Haus einen Bedientisch mit einer speziellen Ausbauform und einer hebefähigen Arbeitsumgebung. So kann jeder Nutzer die Höhe der Tischplatte an seine persönlichen Bedürfnisse anpassen, um bequem und sicher mit den Monitoren im Sitzen wie auch im Stehen arbeiten zu können. «Einige der Monitore zeigen Einzelbilder, aber auf der Stellwerksebene beispielsweise bilden bis zu fünf Bildschirme ein gemeinsames Übersichtsbild», beschreibt Haipl die Komplexität. «Für jeden Mitarbeiter ist es wichtig, dass der gesamte Bildschirminhalt jederzeit vollständig sichtbar ist, damit alle erforderlichen Inhalte eingesehen werden können.»
Als Monitorumgebung für die neuen Arbeitstische in den Leitwarten musste eine gemeinsame Bedienebene für Anzeigewerte und -parameter der Monitore umgesetzt werden, die S&T im Zuge einer Ausschreibung als Bestbieter für die ÖBB realisierte. Pro Tisch wird ein autarkes Bediennetzwerk mit eigenem Netzwerkprotokoll implementiert, das von aussen nicht erreichbar ist. Vielmehr werden diese Monitore über ein Bediengerät angesteuert, das fest in einer Schublade des Arbeitstisches integriert ist. Dabei handelt es sich um einen Embedded Touch Panel-PC von S&T. Auf dem 10,4“-Monitor des Bedienrechners werden alle Monitore eines Arbeitsplatzes mit ihrem jeweiligen Zustand dargestellt. Deren Steuerung erfolgt durch Touchscreen- Bedienung auf dem Bildschirm des Touch Panel- PC, wobei jeder Monitor individuell oder als Teil einer Gruppe angesprochen werden kann. Einstellungen wie «Ein», «Aus», «Heller», «Dunkler», «in Gruppen» oder «Einzeln» lassen sich einfach und schnell einstellen. «Sind die Bedienparameter an einem Arbeitstisch erst einmal gesetzt, ist die Bedienung intuitiv und denkbar einfach», so Ing. Haipl.
Darstellungstreue ist Ausrüstungsbedingung
Heute profitieren die ÖBB in ihren Betriebsführungszentralen rund um die Uhr von verlässlichen Industriemonitoren der neuesten Generation. Sie erfüllen sämtliche Anforderungen, die in einem komplexen Umfeld mit mehr als einem aktiv zu bedienenden Monitor erfüllt werden müssen. Die Bilddarstellung ist an den Bedientischen in den Leitwarten essentiell, denn die DisponentInnen müssen sich auf den Inhalt eines gezeigten Bildes verlassen können, um entsprechend reagieren zu können. «Ein Bildinhalt muss für den Disponenten immer plausibel sein, damit im Zweifelsfall die richtigen Entscheidungen getroffen werden können», unterstreicht Ing. Haipl. «Diese Validität der Darstellung ist auch eine wichtige Voraussetzung für die Sicherheit im Streckennetz, die wir rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr gewährleisten müssen.»
Industrietaugliche Panel-PCs und Monitore
Die Industriemonitore und Touch Panel-PCs, die bei der ÖBB erfolgreich im Einsatz sind, werden von der Firma Kontron unter der Produktbezeichnung «FlatClient» (Panel-PC) bzw. «FlatView» (Industriemonitor) vertrieben. Die Kontron FlatClient- und FlatView-Serien bieten maximale Flexibilität bei einem optimierten Preis–Leistungs-Verhältnis. Sie haben sich bereits mit hohen Stückzahlen erfolgreich im industriellen Feldeinsatz bewährt. Die FlatClient Panel-PCs und FlatView-Monitore sind in vielen Varianten verfügbar und decken Displaygrössen von 10,4“ bis 23,8“ ab. Sie sind sowohl im 16:9- bzw. 16:10-Breitbildformat als auch im 4:3- und 5:4-Standardformat verfügbar. Kontron bietet damit als einer der wenigen Anbieter am Markt aktuelle Prozessor- und Displaytechnologien in Geräten im 4:3- und 5:4-Format an. Beide Produktfamilien verfügen über ein vollständig aus Metall gefertigtes Gehäuse und sind in Varianten für den alleinstehenden Betrieb mit VESABefestigung und als Einbaugeräte erhältlich. Die Kontron FlatClient- und FlatView-Geräte sind wahlweise mit PCAP-, resistivem Touch und Sicherheitsglas lieferbar und können mit RFID-Lesegeräten ausgestattet werden.
Farbliche Unterscheidung
Die FlatView- und FlatClient-Familien lassen sich im Design nach kundenspezifischen Vorgaben anpassen, so können die Vorder- und Rückseiten der Geräte farblich frei gestaltet und mit individuellen Logos versehen werden. Alle FlatView- und FlatClient-Geräte zeichnen sich durch ihr lüfterloses Design aus, weisen eine hohe Schock- und Vibrationsresistenz auf und verfügen über ein leicht zu reinigendes, entspiegeltes und kratzfestes Frontglas mit IP65-Schutz. Für erhöhte Ansprüche hinsichtlich Reinigung und Hygiene, wie etwa in der Lebensmittelindustrie, sind die Systeme auch in einer Edelstahl-Variante verfügbar, die Wasser und Reinigungsmitteln problemlos standhält.
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Kontron AG
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