Das Verwalten von Fertigungsvorgaben für Leiterplatten wird durch die Vielfalt der unterschiedlichen Technologien immer umfangreicher. Früher konnten Leiterplatten mit den üblichen Standardeinstellungen als 2- oder 4-Lagen-Leiterplatten ohne Rückfragen in Auftrag gegeben werden. Diese einfachen Platinen kann jeder Leiterplattenhersteller fertigen. Heute aber haben die elektronischen Schaltungen höhere Taktraten mit HighSpeed-Anforderungen und der Formfaktor wird durch Anforderungen nach Miniaturisierung stetig kleiner, was zur Folge hat, dass die Leiterplatten immer komplexer werden. Mehrlagige, impedanzkontrollierte StarrflexLeiterplatten mit HDI-Technologie sind heute keine Seltenheit mehr. In diesem Fall muss der PCB-Designer deutlich mehr Vorgaben für die Fertigung berücksichtigen.
Dokumentationen sind nur allgemeine Regelwerke
Leiterplattenhersteller bieten häufig eine Dokumentation der Designregeln für die Fertigung in Papier- oder PDF-Form an. Darin werden die Regeln für die einzelnen Technologien beschrieben. Diese Dokumentationen sind meist nur allgemeine Regelwerke, und es ist für viele Leiterplattenhersteller zu zeitaufwändig, Sonderfälle oder Kombinationen der Regeln eindeutig zu beschreiben. Häufig sind die Regeln allgemein beschrieben, so dass stets genügend Toleranzen eingeplant sind und sich die Platinen immer fertigen lassen. Für innovative Projekte lassen sich diese Toleranzen reduzieren, und die Regeln werden dann auf Nachfrage angepasst. Hier spielen Leiterplattendicke, Kupferstärke, Lagenaufbau und verwendete Technologien eine Rolle.
Um projektbezogene DFM-Regeln zu erstellen, schaut sich der Experte beim Leiterplattenhersteller nicht nur die eingesetzten Technologien, sondern auch seinen Maschinenpark, die Stückzahlen und die Fertigungsauslastung an. Hat der Hersteller zwei unterschiedliche Fertigungslinien mit unterschiedlichen Maschinen, so verfügen diese Fertigungslinien meist über unterschiedliche Regeln und darüber hinaus lassen sich manche Losgrössen auf bestimmten Linien günstiger fertigen. Somit kann das Zusammenstellen von projektbezogenen Regeln beliebig komplex werden und verursacht einen nicht zu unterschätzenden Aufwand. Üblicherweise werden solche Regeln dann per E-Mail kommuniziert und sind vom Layouter einzuhalten.
Durchgängige Kommunikation bietet grosse Vorteile
Mit der Plattform DesignTrue DFM bietet Cadence jetzt eine DFM-Lösung sowohl für PCBLayouter als auch für Leiterplattenfertiger an. Über ein Anwenderportal können PCB-Designer ihr Projekt technisch beschreiben und die Anfrage direkt an den technischen Ansprechpartner bei einem oder auch mehreren Leiterplattenherstellern gleichzeitig versenden. In einem separaten Portal können registrierte Leiterplattenhersteller die Vielzahl ihrer Maschinenparameter elektronisch verwalten und zusammen mit der Anfrage des Anwenders einen projektbezogenen DFM-Regelsatz erzeugen. Dieser Regelsatz wird dem PCB Designer zugesandt und er wiederum liest diesen Technologie-Datensatz dann in die Cadence-PCB-Umgebung für OrCAD oder Allegro ein. Seit dem Release 17.2 unterstützt Cadence bis zu 2500 neue DFM-Regeln, welche nur die Fertigung betreffen. Diese hohe Anzahl an möglichen Parametern zeigt die Komplexität der DFM-Regeln. Wenn der Regelsatz geladen ist und der Layouter ein Bauteil platziert bzw. eine Leitung verlegt, bekommt er in Echtzeit Feedback, sollte er gegen eine DFM-Regel verstossen. Somit halten die fertigen Designs alle fertigungsbezogenen Regeln ein, und die Anzahl an Rückfragen wird deutlich minimiert.
DFM Rule Request – leicht verständliche Anfrage
Zur Anfrage eines Design-for-ManufacturingRegelsatzes geben registrierte Anwender auf der DesignTrue DFM Webseite ihre Kontaktdaten ein und beschreiben ihre Leiterplatte. Hier sind beispielsweise Angaben zum minimalen Pinabstand (Pitch) und die minimale Anschlussflächengrösse (Pad size) erforderlich. Ausserdem kann eine Auswahl bezüglich Technologie getroffen werden: Micro Via, Blind/Burried Via, Back Drilling oder Embedded-Komponenten. Darüber hinaus werden Angaben über den Lagenaufbau mit Kupferstärken und Bestückungsdruck hinterlegt.
Diese standardisierte Anfrage ist für den Empfänger beim Leiterplattenhersteller leicht verständlich und führt zu weniger Missverständnissen als der bisher übliche Weg per E-Mail-Anfrage. In der Portal-Maske des Leiterplattenherstellers kann der Bearbeiter die Regeln für die unterschiedlichen Technologien entsprechend der Anfrage schnell mit den hinterlegten, fertigungsabhängigen Regeln zu einem individuellen DFM-Regelsatz kombinieren.
Leiterplattenhersteller können sich kostenfrei für das Portal registrieren
«Das Portal hilft uns beim Austausch von Designregeln für Kundenprojekte. Regeln aus unserer Fertigung werden für den Kunden verständlich in elektronischer Form per EMail verschickt und können direkt im PCB Tool eingelesen werden», sagt Andreas Schilpp von Würth Elektronik. Weitere Leiterplattenhersteller können sich kostenfrei für das Portal registrieren und Anfragen für DFM-Regeln erhalten.
Das Portal unterstützt den Leiterplattenhersteller bei der Regelverwaltung, damit er nicht für jedes Projekt alle Werte manuell zusammenstellen muss. Ein Export des gesamten Regelwerks für ein Design erfolgt in eine einzige Datei. Dieser Datensatz kann mit direkter Kommunikation per E-Mail oder FTP an den Kunden versandt werden. Damit kommt es nicht mehr zu fehlenden Werten oder gar zu Tippfehlern bei der händischen Eingabe auf Seiten des Kunden. Cadence speichert weder die Daten der Anfrage noch die erzeugten DFM-Regeln. Somit lassen sich auch Daten, die der Geheimhaltung unterliegen, sicher austauschen.
DesignTrue DFM-Regeln automatisch prüfen
Für den Layouter bedeuten die Design-forManufacturing-Regeln eine erhebliche Erleichterung. Seit dem Release 17.2 unterstützt Cadence 2500 DFM-Regeln in OrCAD und Allegro. Die DFM-Regeln sind in fünf Kategorien gegliedert: Outline, Mask, Annular Ring, Copper Spacing und Silkscreen. Die Regeln in der Kategorie Kupferabstände prüfen beispielsweise alle möglichen Kombinationen von Abständen, wie z.B. Pin zu Pin, Pin zu Pad, Pad zu Leitung, usw. Die unterschiedlichen Abstände sind wichtig, damit es beim Ätzen sicher zu Freistellungen zwischen den Elementen kommt und fertigungsbedingte Kupferreste später nicht zu Kurzschlüssen führen. In den anderen Kategorien gibt es entsprechende Regeln für Bestückungsdruck, Lötpasten oder die PCB-Kontur. So müssen Bauteile, Durchkontaktierungen oder Leitungen einen bestimmten Abstand zur Aussenkante der Leiterplatte aufweisen, damit sie beim Aussägen oder Herausbrechen der Leiterplatte aus dem Fertigungsnutzen keinen Schaden nehmen. Diese Abstände spielen für das elektrische Verhalten eine untergeordnete Rolle, führen aber bei Unterschreitung in der Produktion zu Problemen.
Portal reduziert Rückfragen
Sind die Regeln im Tool hinterlegt, werden DFM-konforme Fertigungsdaten ohne Mehraufwand erzeugt, da Verstösse sofort sichtbar sind und sogleich behoben werden können. Zusätzlich lassen sich Designs mit unterschiedlichen Regelsätzen auch für die Fertigung auf zwei unterschiedlichen Produktionslinien prüfen, sollte eine Alternative (Second Source) erforderlich sein.
Die Anzahl an Rückfragen aus der Fertigungsvorbereitung des Leiterplattenherstellers steigt mit der Komplexität der verwendeten Technologien. Zu diesen Rückfragen kommt es erst, wenn die Produktionsdaten den Leiterplattenhersteller erreichen, also zu einem späten Zeitpunkt im Designzyklus. Bei der Eingangsprüfung in der CAM-Abteilung des Leiterplattenherstellers wird geprüft, ob sich die Daten für die Fertigung eignen, und anschliessend werden die Fertigungsdaten für die Produktionsmaschinen aufbereitet. Wenn festgestellt wird, dass die Daten nicht zum Fertigungsprozess passen, ist eine Rückfrage beim Designer erforderlich, da der Leiterplattenhersteller nicht einfach die PCB-Daten ändern darf. Diese zusätzlichen Zyklen lassen sich durch das DFM-Portal vermeiden.
Der nicht unübliche Fall ist, dass der Einkauf des OEM bei einem EMS die komplette Leiterplatte inklusive Bestückung und Test bestellt. Kommen nun von Seiten der CAMAbteilung Rückfragen zur Leiterplatte, dann erfolgt diese Rückfrage zuerst beim EMS, der wiederum mit dem Einkäufer spricht, und der Einkäufer kontaktiert intern den Layouter. Bei vielen Firmen ist die direkte Kommunikation des Leiterplattenherstellers mit dem Layouter nicht gewollt, da alle Vereinbarungen schriftlich zum Auftrag gehören. So geht die Kommunikation heute oft hin und her, bis die erforderlichen Regeln zum Layouter gelangen.
Der Layouter kann anschliessend die Änderung entsprechend der Vorgaben umsetzen, muss sich diese aber erst von seinem Entwickler freigeben lassen und eine neue Version des Re-Designs erzeugen. Dieser Ablauf für eine Rückfrage aufgrund einer nicht bekannten DFM-Regel kann von einigen Tagen bis im schlimmsten Fall zu einigen Wochen dauern. Bis neue Produktionsunterlagen zur Verfügung stehen, verzögert sich die Produktion der Leiterplatten. Wenn sich dadurch Projekte verspäten, entstehen zusätzliche Kosten, da Aufträge dann per Express in die Produktion gehen.
Fazit
Mit einer Prüfung in Echtzeit während des Layoutens kommt es zu deutlich weniger Beanstandungen bei der Dateneingangsprüfung in der CAM-Abteilung des Leiterplattenherstellers und somit zu weniger zeitraubenden Rückfragen. Die Anzahl der fertigungsbedingten Re-Designs, Anpassungen und Freigaben wird deutlich reduziert. Da alle Beteiligten die Daten standardisiert austauschen, wird die Kommunikation verbessert und fehlende Werte bzw. falsche manuelle Einträge vermieden. Die Speicherung der fertigungsbezogenen Daten in nur einem File erlaubt es, die Vielzahl an Regeln gut zu verwalten.
Die Nutzung des Portals ist sowohl für Anwender als auch für Leiterplattenhersteller kostenfrei. Weder die Daten einer Anfrage noch die erzeugten DFM-Regeln werden von Cadence gespeichert. Die gemeinsamen Ziele sind, mit guten Produktionsdaten Rückfragen bzw. Projektverzögerungen zu vermeiden, Produktionsabläufe zu verbessern und Kosten einzusparen.
Quick-Link: www.polyscope.ch/2019/dfm
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