Galileo unterscheidet sich vom amerikanischen GPS und dem russischen Glonass dadurch, dass es – ebenso wie das chinesische Beidou – ein ziviles und kein militärisches System ist. Die EU initiierte das Projekt, um im Falle von Interessenkonflikten mit diesen Staaten auf ein unabhängiges Navigationssystem zurückgreifen zu können.
Schon über 700 Mio. Geräte nutzen Galileo
Galileo ist seit 2016 für jeden nutzbar, bis Ende 2020 sollen sich alle 30 Satelliten in ihrer Umlaufbahn befinden. Schon heute verwenden mehr als 700 Mio. Geräte, überwiegend Smartphones, das europäische GNSS (Globales Navigations-Satelliten-System). Der grösste Vorteil, den es mit sich bringt: Für Geräte, die auf mehrere Systeme im Parallelbetrieb zurückgreifen, stehen mehr Satelliten zur Verfügung: Verwendet ein Gerät GPS, so stehen ihm 24 GPS-Satelliten – 12 pro Erdhalbkugel – zur Verfügung. Nimmt man Galileo hinzu, so können die Navigationsgeräte bereits jetzt 46 Signalquellen nutzen (24 GPS- und 22 GalileoSatelliten) und aus diesen die jeweils beste aktuelle Konstellation zur Positionsbestimmung auswählen. Damit liefern Empfänger auch schneller ein verwertbares Ergebnis, d.h. die sogenannte Time to First Fix (TTFF) sinkt.
Galileo sorgt für schnellere und präzisere Ergebnisse
Weiterer Vorteil von Galileo ist dessen deutlich höhere Genauigkeit. Die Abweichung liegt bei etwa 1 m. Bei GPS sind es eher 5 m, bei den übrigen Systemen nicht selten noch etwas mehr. Wie exakt die Position tatsächlich bestimmt wird, hängt aber auch von der Satellitenauswahl ab: Bilden sie einen möglichst grossen Winkel, erhöht sich die Genauigkeit. Doch bei der Priorisierung der Satelliten spielen noch weitere Faktoren eine Rolle, z.B. Signalstärke und Gesundheitszustand der Flugkörper oder die Verwechslungsgefahr mit einem reflektierten Signal (Multi-Path-Effekt).
Differenzielles GNSS für zentimetergenaue Lokalisierung
Für hochpräzise Aufgaben, etwa das Ausbringen von Pestiziden in der Landwirtschaft, reicht die Genauigkeit, die sich so erzielen lässt, jedoch nicht aus. Für solche Anwendungen empfiehlt sich Differential GNSS (DGNSS). Dabei wird zusätzlich zur bestimmenden Position – z.B. dem Traktor – eine Referenz mit einer bekannten Position gemessen – z.B. dem Bauernhof. Hier lässt sich der Messfehler des Systems relativ exakt ermitteln. Dieser wird zum Navigationsgerät des Traktors gefunkt, das dann denselben Messfehler für dessen Position annimmt und die Werte der Satelliten entsprechend korrigiert. So lässt sich eine Präzision im Zentimeterbereich erreichen.
Offene GNSS sind Sicherheitsrisiko
Beim Navigationssystem im Auto scheint die Präzision weniger eine Rolle zu spielen: Wenn das Navi meldet, dass der Fahrer in 50 m links abbiegen soll, ist es für diesen unerheblich, ob die Kreuzung in 45 oder 55 m auftaucht. Anders beim autonomen Fahren. Hier ist ein Logikabgleich mit Radarsensoren und Videoanalyse zwingend erforderlich – auch aus einem weiteren Grund: GPS, Glonass und Beidou sind offen, d.h. unverschlüsselt. Was den Empfang vereinfacht, bedeutet im Umkehrschluss, dass die Signale ohne grossen Aufwand simuliert werden können. So kann ein Empfänger die Signale zur Positionsberechnung unbemerkt von einem Sender erhalten, der böswillig falsche Satellitensignale vortäuscht. Mit Galileo steht nun das einzige GNSS zur Verfügung, das für seine Signale eine Authentifizierung zulässt und somit einem Angriff vorbeugt.
GNSS lässt sich zukunftssicher und optimal nutzen
Um ein Höchstmass an Schnelligkeit, Genauigkeit und Sicherheit zu erzielen, sollten GNSSEmpfänger die Signale mehrerer Systeme parallel empfangen und verarbeiten können, wie das GNSS-Modul SE868-V3 von Telit. Wird es mit den Voreinstellungen genutzt, empfängt es immer alle GNSS-Signale und nutzt die am besten verwertbaren für den aktuellen Fix.
Es gibt jedoch Fälle, in denen sollten bestimmte GPS-Systeme nicht zur Positionsberechnung verwendet werden, etwa wenn ein Kriegsfall eintritt, wenn ein System attackiert wird oder gefälschte Simulationen bekannt werden, wenn ein GNSS eine technische Störung aufweist oder aus anderen Gründen nicht zuverlässig funktioniert. Dann sollten Hersteller der Geräte jederzeit auf diese einwirken können, um die betreffenden Systeme auszuschliessen. Mit einem Firmwareupdate Over the Air (FOTA) lassen sich Empfänger auch noch Jahre nach dem Verkauf so umprogrammieren, dass beispielweise nur noch Galileo verwendet wird oder eine beliebige Kombination aus den vorhandenen Systemen.
Für GPS-Geräte ist dies auch wichtig, um den Week-Rollover-Effekt in den Griff zu bekommen. Der Week-Rollover tritt alle 1024 Wochen auf. Dann startet bei GPS die Wochenzählung neu. Einige Geräte können daraufhin das Datum nicht mehr korrekt ermitteln. Je nach Anwendung kann dies dazu führen, dass das Endgerät praktisch unbrauchbar wird. Auf der Rutronik Technical Engineering Community Platform informiert der Distributor seine Kunden, wie der aktuelle Firmwarestand der verschiedenen Chips und Module bezüglich GPS-Week-Rollover aussieht und wie sie solche Störungen gegebenenfalls mittels FOTA beheben können: rutroniktec.com/gps-week-rollover-2019.
FOTA erfordert Internetverbindung – meist über Mobilfunkverbindung
Für ein FOTA müssen die Geräte mit dem Internet verbunden sein. Je nach Applikation kann dies eine WiFi-Verbindung zum Router oder eine Bluetooth-Verbindung zum Smartphone sein. In den meisten Anwendungen mit integrierter Ortungsfunktion wird jedoch eine eigene Mobilfunkverbindung erforderlich. Das meist verfügbare NB-IoT (NarrowBand-IoT), eine spezielle Erweiterung des LTE-Netzes (4G-Netzwerk), ist für diese Aufgabe bereits schnell genug. Geht es um Objekte, die sich schnell bewegen, ist die Technologie jedoch nicht erste Wahl, da sich ein Wechsel der Mobilfunkzellen technisch schwierig gestaltet. Dann ist LTE-M zu bevorzugen. Zudem sind hier Energieverbrauch und Datenübertragungsrate höher. Auf der sicheren Seite ist man überall mit klassischem LTE, beispielsweise der Kategorien vier oder sechs. Damit sind Datenübertragungsrate und Zellwechsel kein Problem, da LTE für die Nutzung auf Smartphones auf Multimediastreaming bei einer Autobahnfahrt ausgelegt ist. Der Netzausbau ist in Europa durchweg lückenlos. Auch der zweiten Generation des Mobilfunks, GPRS und EDGE, kann man in den nächsten Jahren noch Vertrauen schenken. Lediglich die 3G-Standards UMTS und HSPA werden ihre Kapazitäten für die neuen Netze freimachen müssen, wo nicht bereits geschehen.
Internetanbindung via Mikro-Satelliten wird immer wichtiger
Auch bei der Internetanbindung werden Satelliten bald eine Rolle spielen: Mit Hilfe von erdnahen Mikro-Satelliten wird es möglich, neue Netzwerke als Alternative zu den terrestrischen Mobilfunknetzen aufzubauen. Sie können Versorgungslücken schneller schliessen und bieten auch dort Empfang, wo es für LTE und 5G technisch oder wirtschaftlich zu aufwändig ist, z.B. auf dem Ozean, in Gebirgsketten oder Wüsten. Für Telematik- und Telemetrie-Daten arbeiten viele Start-ups bereits am Aufbau eigener Satellitennetze.
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