Seit Sommer 2018 leiten Sie die Geschicke der lokalen Niederlassung in Hombrechtikon. Wie gross ist Ihr Team und was sind die Hauptaktivitäten?
Walter Pfeiffer: Wir sind aktuell ein Team von 82 hochqualifizierten Mitarbeitern. Als Produktionswerk innerhalb der Zollner-Gruppe fertigen wir elektronische Flachbaugruppen für unsere Kunden, dabei reicht die Komplexität von einfach bis hochkomplex. Charakteristisch für uns ist die hohe Vielfalt, die sich auch im Produktionsmix niederschlägt. Der Begriff «low volume high mix» beschreibt dies sehr treffend – sollten wir auf einen Kunden treffen, der das Gegenteil benötigt, also «high volume low mix», können wir jederzeit innerhalb der Zollner-Gruppe auf hierauf spezialisierte Standorte zurückgreifen.
Unser zweites Standbein ist dann die Fertigung von komplexen mechatronischen Geräten, überwiegend im Bereich Medizintechnik und Laborautomation und damit den entsprechenden Normen (EN 13485) bzw. gesetzlichen Regularien wie FDA unterliegend. Diese Geräte liefern wir typischerweise in die Zentrallager unserer Kunden, von dort aus werden sie dann weltweit an die jeweiligen Anwender versandt.
Welche Rolle spielt der Konzern im Allgemeinen und im Daily Business?
Pfeiffer: Als kleines Tochterunternehmen in einem grossen Konzern profitieren wir mehrfach: unsere Kleinheit schafft Flexibilität und Agilität und gleichzeitig können wir jederzeit auf das geballte Wissen des Konzerns zurückgreifen, sei es im Bereich Einkauf, sei es im Bereich Prozesse, aber auch beispielsweise hervorragend ausgestattete Zentrallabors mit nahezu allen analytischen Möglichkeiten, die es heute im Bereich der Fehleranalyse und Zuverlässigkeit von elektronischen Komponenten und Werkstoffe benötigt. Ebenso haben wir Zugang zum Konzerneigenen Umweltlabor, um Umwelt- und Klimasituationen zu simulieren. Somit können wir den Kunden während der gesamten Zertifizierungsphase begleiten oder übernehmen diese auf Wunsch ganzheitlich. Im Daily Business wird beispielsweise der gesamte Einkauf zentral gebündelt, wodurch wir sowohl durch die Mengenbündelung wie auch von der Spezialisierung und der damit höheren Fachkompetenz der Einkäufer profitieren.
In welchen Branchen sitzen Ihre Kunden, wo liegen Ihre Schwerpunkte?
Pfeiffer: Wie bereits erwähnt sind wir am Standort selbst überwiegend im Bereich Medizintechnik und Industrieelektronik tätig, fungieren aber auch als lokaler Ansprechpartner für Kunden mit der konzerninternen Rückgriffsmöglichkeit auf die gesamte Bandbreite der Technologien und Spezialisierungen innerhalb der Zollner-Gruppe, angefangen von Bahntechnik über Automotive bis hin zu Luft- und Raumfahrttechnik. Im Zentrum steht für uns immer die bestmögliche Erfüllung der Kundenanforderungen. Das einzige Produkt, das wir am Markt vertreiben ist die Dienstleistung des EMS-Providers: Electronic Manufacturing Services.
Industrie 4.0 bzw. das IoT generiert ganz neue Märkte und Produkte. Wie sieht das bei Ihnen aus?
Pfeiffer: Intern beschäftigen wir uns schon lange mit diesen Themen, nicht zuletzt auch um unseren Kunden in dieser Richtung Unterstützung anbieten zu können. Das fängt bei so scheinbar einfachen Themen wie Traceability an, geht über PLM – Product Lifecycle Management und Digital Factory bis hin zu kompletten Supply-Chain-Optimierungen.
Bieten Sie Ihre Dienstleistungen auch Kunden ausserhalb der Schweiz an, oder gibt es Gebietsschutz?
Pfeiffer: Schlussendlich definiert der Kunde, wo er seine Produkte fertigen lassen will und mit wem er als Ansprechpartner bevorzugt zusammenarbeitet – insofern gehört das Thema Gebietsschutz nicht zu unserer DNA.
Inwiefern berührt Sie die derzeitig heiss diskutierte CO2-Thematik und was tun Sie in diesem Kontext?
Pfeiffer: Neben der «Grundausstattung» ISO 9001 sind wir als Konzern in einer Matrixzertifizierung auch nach ISO 14001 zertifiziert und versuchen hier permanent, entsprechende Beiträge hinsichtlich Umweltschutz und Energieeinsparung zu leisten. So ist es beispielsweise in unserem Beschaffungsprozess für Maschinen und Anlagen zwingend vorgegeben, dass auch eine energetische Bewertung bei der Auswahl vorgenommen wird.
Was sind die derzeit grössten Herausforderungen als EMS-Anbieter und wie begegnen Sie diesen? Ich denke da an die globalen Handelsstreitigkeiten, Zölle, Nachhaltigkeit.
Pfeiffer: Eine der grossen Herausforderungen im heutigen Umfeld ist, mit der Dynamik in allen Bereichen mit ihren teilweise divergierenden Anforderungen Schritt zu halten. Wenn Ware aus Fernost auf dem Seeweg sechs bis acht Wochen unterwegs ist, dann kann es einem heutzutage durchaus passieren, dass in der Zwischenzeit sich z.B. Zollansätze drastisch verändern oder plötzlich sonstige Restriktionen in Kraft treten. Diese ständig wachsende Unsicherheit auf nahezu allen Ebenen führt zu immer kurzfristigeren Pendelausschlägen – der Kunde eines EMS-Anbieters möchte hiervon aber möglichst nicht tangiert werden, sondern sucht eine verlässliche Lieferquelle.
Was haben ein Drache, das Guinness-Buch der Rekorde und Ihr Unternehmen miteinander zu tun?
Pfeiffer: An Zollner wurde die Idee eines animierten Drachens für das älteste Volksschauspiel in Deutschland «Der Drachenstich» in Furth im Wald herangetragen. Dank der eigentlich für unsere Kunden aufgebauten Entwicklungskompetenz für mechatronische Systeme entstand dann der grösste vierbeinige Schreitroboter der Welt in Form des Drachens «Tradinno», der dann auch den Weg ins Guiness-Buch der Rekorde fand. Übrigens: Tradinno steht für Tradition und Innovation – also für Zollner.
In der Schweiz gibt es meines Wissens knapp 80 EMS-Anbieter, wie können Sie sich in diesem Markt profilieren?
Pfeiffer: Neben der hohen Spannweite an Produktkomplexität, die wir abdecken – von der einfachen Flachbaugruppe bis zu kompletten mechatronischen Systemen – bieten wir unseren Kunden zusätzlichen Mehrwert in Bereichen wie DFx (Design for Manufacturing, Testability), Product Lifecycle Management und intelligenten Supply-Chain-Lösungen. Wir bieten lokale Ansprechpartner für unsere Kunden und haben dennoch den vollen Zugriff auf die Fähigkeiten und Kompetenzen der gesamten Zollner-Gruppe.
Auf was sind Sie besonders stolz? Pfeiffer: Auf unser Team am Standort wie auch die Kollegen in der Gruppe, die sich gemeinsam jeden Tag aufs Neue dafür einsetzen, unsere Kunden nicht nur zufrieden zu stellen, sondern zu begeistern.
Sie haben einen Wunsch frei. Wie lautet er?
Pfeiffer: Dass wir als Gesellschaft lernen und uns aktiv darum bemühen, nicht nur das Erreichte zu bewahren und zu verteidigen, sondern mit Intelligenz und Ideenreichtum dazu beitragen, dass die Menschheit als Gesamtes eine Zukunft bekommt.
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