Im Zuge der gesundheitspolitischen Massnahmen, die Mitte März zur Eindämmung des Coronavirus nötig wurden, mussten zahlreiche Betriebe ihre Geschäftsaktivitäten einschränken oder unterbrechen. Dies führte bereits im 1. Quartal 2020 zu einem starken Rückgang des BIP. Für das 2. Quartal, in dem die Wirtschaftsaktivität über einen längeren Zeitraum von den Massnahmen betroffen war, rechnet die Expertengruppe mit einem noch stärkeren Einbruch der Wirtschaftsleistung. Dank der rapide gesunkenen Covid-19-Fallzahlen konnten die gesundheitspolitischen Massnahmen ab Ende April aber etwas zügiger gelockert werden als in der letzten Prognose unterstellt. Gegenüber der Prognose von April haben sich die kurzfristigen Aussichten daher aufgehellt.
Für den weiteren Jahresverlauf rechnet die Expertengruppe wie in der letzten Prognose nur mit begrenzten Aufholeffekten. Bei den Haushalten entstehen Einkommensverluste aufgrund gestiegener Kurzarbeits- und Arbeitslosenzahlen und eines Rückgangs der Beschäftigung. Die grosse wirtschaftliche Unsicherheit sowie Schutzmassnahmen zur Vermeidung von Ansteckungen mit dem Coronavirus dürften die Konsumausgaben der privaten Haushalte zusätzlich begrenzen.
Daneben belastet die negative internationale Wirtschaftsentwicklung die konjunktursensitiven Bereiche des Schweizer Aussenhandels. Die Weltwirtschaft ist im Frühjahr 2020 in eine Rezession geraten. In einigen grossen Volkswirtschaften konnte die Corona-Pandemie bislang nicht unter Kontrolle gebracht werden. Zudem sind die bisherigen wirtschaftlichen Verluste aufgrund der Massnahmen zur Pandemiebekämpfung sehr gross, was die Konjunkturbelebung bremst. Insgesamt erwartet die Expertengruppe daher eine schleppende Erholung der internationalen Wirtschaftsaktivität. Wichtige Handelspartner, insbesondere die grossen südeuropäischen Länder, dürften mit lang anhaltenden Folgen der Corona-Krise zu kämpfen haben.
Aufgrund der unterausgelasteten Produktionskapazitäten, der verschlechterten finanziellen Lage der Unternehmen und der grossen Unsicherheit ist für das Gesamtjahr 2020 ausserdem mit einer starken Verringerung der Ausrüstungsinvestitionen zu rechnen.
Im Jahr 2021 sollte sich die moderate Erholung der Schweizer Wirtschaft fortsetzen. Die Expertengruppe erwartet, dass das BIP um 4,9 % steigt (Prognose von April: 5,2 %). Dies setzt voraus, dass keine erneute Verschärfung der gesundheitspolitischen Massnahmen nötig wird, dass die wirtschaftlichen Zweitrundeneffekte wie Entlassungen und Firmenkonkurse begrenzt bleiben und dass sich die Auslandnachfrage allmählich normalisiert. Dann sollten sich Konsum- und Investitionsausgaben im Inland schrittweise erholen. Am Arbeitsmarkt dürfte sich die Lage nur langsam verbessern: Gemäss Prognose wird die Arbeitslosigkeit 2021 weiter ansteigen und im Jahresdurchschnitt 4,1 % erreichen, die Beschäftigung nur geringfügig wachsen.
Der weitere Konjunkturverlauf hängt entscheidend von der Entwicklung der Pandemie ab. Die Prognoseunsicherheit bleibt somit aussergewöhnlich hoch.
Einerseits könnte sich die Wirtschaft schneller erholen als in der Prognose unterstellt; dies etwa, falls die Lockerungen der Massnahmen schneller erfolgen, sich die Konsumentinnen und Konsumenten im Inland weniger durch das Coronavirus verunsichern lassen oder die Aufholbewegung im Ausland kräftiger ausfällt als erwartet.
Andererseits könnte die Pandemie in der Schweiz und bei wichtigen Handelspartnern erneut aufflammen und stärkere Eindämmungsmassnahmen nötig machen. Dies würde die Erholung bremsen und die Wahrscheinlichkeit von stärkeren ökonomischen Zweitrundeneffekten, etwa grossen Entlassungs- und Konkurswellen, steigen lassen. Es wären zusätzliche massive wirtschaftliche Auswirkungen über den gesamten Prognosehorizont zu erwarten.
Angesichts der nötigen Stabilisierungsmassnahmen wächst die Verschuldung von Staaten und Unternehmen international rapide. Damit steigt das Risiko von Kreditausfällen sowie von Insolvenzen von Unternehmen. Dies könnte letztlich zu einer Bedrohung für die Stabilität des Finanzsystems werden. Die Gefahr von Finanzmarktturbulenzen und eines weiteren Aufwertungsdrucks auf den Franken ist hoch.
Weitere Risiken für die Weltkonjunktur gehen vom internationalen Handelskonflikt aus. Im Inland schliesslich bleibt das Risiko von stärkeren Korrekturen im Immobiliensektor bestehen.