Nach den Lockerungsschritten Anfang März hat in der Binnenwirtschaft wie erwartet eine zügige Erholung begonnen, nach den markanten Rückschlägen des Winterhalbjahrs. Gleichzeitig ist die Industrieproduktion kräftig gestiegen, gestützt von der stark anziehenden Nachfrage bei wichtigen Handelspartnern. Die Indikatoren deuten auf weitere Zuwächse im Industrie- wie im Dienstleistungssektor. Die Expertengruppe geht daher davon aus, dass das BIP der Schweiz im laufenden 2. Quartal stark wächst.
Stark betroffene Sektoren auf Aufholjagd
Sofern die anstehenden Lockerungsschritte wie anvisiert erfolgen können, dürfte die Konjunkturerholung im weiteren Verlauf an Breite gewinnen. Insbesondere dürften sich bei Konsumbereichen, die aufgrund der Pandemie über längere Zeit stark eingeschränkt waren, erhebliche Aufholeffekte materialisieren. Damit würden zunehmend auch stark betroffene Wirtschaftsbereiche wie das Gastgewerbe und die Veranstaltungsbranche aus der aktuellen Krise finden. In der Summe erwartet die Expertengruppe für das Gesamtjahr 2021 ein Wachstum des Sportevent-bereinigten BIP in Höhe von 3,6 % (Prognose von März: +3,0 %). Die Schweizer Wirtschaft würde im historischen Vergleich deutlich überdurchschnittlich wachsen, sodass das BIP im zweiten Halbjahr 2021 klar über das Vorkrisenniveau steigen würde. Damit einhergehend, ist bei den Unternehmen mit einer Ausweitung der Investitionen und der Personalbestände zu rechnen. Die Kurzarbeit sollte sukzessive abgebaut werden, die Arbeitslosigkeit weiter zurückgehen. Im Jahresdurchschitt 2021 dürfte die Arbeitslosenquote bei 3,1 % zu liegen kommen (Prognose von März: 3,3 %).
Starke Zeichen für Normalisierung
Auch für 2022 prognostiziert die Expertengruppe ein überdurchschnittliches Sportevent-bereinigtes BIP-Wachstum von 3,3 % (unveränderte Prognose). Der Aussenhandel sollte erneut für substanzielle Wachstumsimpulse sorgen, getragen durch die anhaltende Wirtschaftserholung in den grossen Volkswirtschaften. Insbesondere dürfte der internationale Handel mit Dienstleistungen, etwa im Tourismus, an Fahrt aufnehmen. Im Inland sollte sich die Dynamik nach einer starken Erholung im laufenden Jahr allmählich normalisieren. Am Arbeitsmarkt wirkt sich die anhaltende Erholung deutlich aus: Die Beschäftigung sollte deutlich ansteigen (+1,5 %), die Arbeitslosenquote weiter auf jahresdurchschnittliche 2,8 % zurückgehen (Prognose von März: 3,0 %).
Konjunkturrisiken und ergänzende Szenarien
Aufgrund der grossen Unsicherheit ergänzt das SECO die Prognosen der Expertengruppe des Bundes mit drei Szenarien, welche die konjunkturellen Auswirkungen wichtiger Risiken illustrieren.
Das Risiko von stärkeren ökonomischen Zweitrundeneffekten der Krise wie Konkursen und Entlassungen in grosser Zahl besteht weiterhin. Damit verbunden wäre eine deutlich schwächere Entwicklung der Nachfrage. Allfällige Rückschläge bei der Entwicklung der Pandemie, etwa im Zusammenhang mit Virusmutationen, könnten zusätzlich auf der Wirtschaft lasten. Die Erholung würde schleppend verlaufen (Szenario 1, « Zweitrundeneffekte »).
Umgekehrt könnte es auch zu einer kräftigeren Erholung kommen als in der Prognose der Expertengruppe unterstellt, im Inland wie in anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften. Dies insbesondere beim privaten Konsum: Ein Teil der Haushalte konnte im vergangenen Jahr erhebliche zusätzliche Ersparnisse bilden, welche zumindest teilweise für Konsumausgaben eingesetzt werden könnten (Szenario 2, « Kompensation »).
Eine starke Entwicklung der Nachfrage könnte mit Kapazitätsengpässen einhergehen und sich inflationstreibend auswirken. Sollte sich daraus ein anhaltender Preisdruck mit steigenden Langfristzinsen entwickeln, wäre mit dämpfenden Effekten auf die Konjunkturerholung zu rechnen (Szenario 3, « Stagflation »). Die Risiken im Zusammenhang mit der Verschuldung von Staaten und Unternehmen sowie von Korrekturen an den Finanzmärkten würden sich in einem solchen Szenario deutlich verschärfen. Auch bestehende Risiken im inländischen Immobiliensektor würden akzentuiert.
Für die mittlere Frist haben sich weitere Risiken für den Wirtschaftsstandort Schweiz vergrössert. Insbesondere hat sich die Unsicherheit im Verhältnis mit der EU verstärkt. Unsicherheit besteht auch im Zusammenhang mit der jüngst verabredeten globalen Mindeststeuer für Unternehmen.