Im Jahr 2020 wurden 12’912 Eröffnungen von Firmen- und Privatkonkursverfahren gemäss Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) verzeichnet, 928 weniger als 2019 (13’840). Dieses Ergebnis stellt lediglich eine Teilansicht dar, da Konkursverfahren in Fällen von Gesellschaftsauflösungen aufgrund von Mängeln in der Organisation (Art. 731b OR) nicht enthalten sind. Deren Zahl war im Beobachtungszeitraum ebenfalls rückläufig.
Lediglich vier Kantone verzeichnen eine Zunahme
Die Zahl der Abschlüsse von Konkursverfahren, die auch die Auflösung von Unternehmen gemäss Artikel 731b OR umfassen, nahm 2020 ähnlich stark ab (–946) wie die Anzahl Eröffnungen.
Die Konkurseröffnungen nahmen in allen Grossregionen ab. Der Rückgang gegenüber 2019 lag zwischen –2,8% in der Nordwestschweiz und –15,9% im Tessin. Auf kantonaler Ebene waren die stärksten Abnahmen in Glarus (–26,6%) und Graubünden (–24,0%) zu verzeichnen. In absoluten Zahlen registrierten die Kantone Tessin, Genf und Waadt das grösste Minus (über 100 Fälle weniger als im Vorjahr). Lediglich in vier Kantonen wurden mehr Konkurseröffnungen verbucht als 2019, darunter Luzern (+32 Eröffnungen) und Obwalden (+15).
Bei der Interpretation ist Vorsicht geboten
Die Ergebnisse sind mit einer gewissen Vorsicht zu interpretieren. Angesichts der Tatsache, dass das Bruttoinlandprodukt (BIP) im Jahr 2020 den grössten Rückgang seit 1975 verzeichnete, wäre eine Welle an Firmen- und Privatkonkursverfahren zu erwarten gewesen. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass die Zahl der Konkurseröffnungen im Berichtsjahr sank.
Dieser scheinbare Widerspruch lässt sich mit mehreren Faktoren erklären. Der Hauptgrund liegt bei den Behörden: Der Bundesrat beschloss bereits sehr früh eine befristete Entbindung der Unternehmen von der Pflicht zur Überschuldungsanzeige. Ausserdem führte er eine «Covid-19-Stundung» für KMU ein und leistete finanzielle Unterstützung für Härtefälle. Diese Massnahmen wurden insbesondere auch ergriffen, um eine Konkurswelle zu vermeiden.
Diese Umstände lassen keine klare Interpretation der Zahlen von 2020 zu. Es ist zu erwarten, dass die wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie im Hinblick auf die Anzahl Konkurse auch nach 2020 spürbar sein werden. Deshalb ist es angezeigt, die Zahlen von 2021 oder sogar 2022 abzuwarten, um das volle Ausmass der Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft und spezifisch auf die Anzahl Konkurse zu analysieren.
Ausserordentlicher Anstieg der Verlustsummen
Die finanziellen Verluste aus ordentlichen und summarischen Abschlüssen von Konkursverfahren (einschliesslich jener aufgrund von Auflösungen gemäss Art. 731b OR) waren 2020 deutlich höher als im Vorjahr. Sie beliefen sich auf 8,2 Milliarden Franken, das sind 3,6-mal mehr als 2019. Es handelt sich um einen Rekordwert seit Beginn der Erhebung, der jedoch relativiert werden muss. Er erklärt sich mit einem einzelnen Konkursverfahren, das vor knapp 16 Jahren eröffnet und erst 2020 abgeschlossen wurde.
Dieses besonders lange Verfahren war mit einem Verlust von 6,5 Milliarden Franken verbunden und gehört zu den bedeutendsten der Schweizer Geschichte. Ohne diesen Sonderfall würden sich die finanziellen Verluste aus geschlossenen Konkursverfahren im von der Covid-19-Pandemie geprägten Jahr 2020 auf 2,3 Milliarden Franken und damit auf 30% weniger als 2019 belaufen.
Betreibungen gehen zurück
Die Coronakrise hatte auch einen signifikanten Einfluss auf die Anzahl eröffneter und vollzogener Betreibungsverfahren in der Schweiz. 2020 wurden weniger Zahlungsbefehle (2,6 Millionen bzw. –13,3% gegenüber 2019), Betreibungen auf Pfändung (1,5 Mio.; –11,8%) und Betreibungen auf Pfandverwertung (653’000; –5,6%) verbucht.