Chatbots und Sprachassistenten wie Siri oder Alexa verstehen gesprochenes Schweizerdeutsch nur schlecht. Das liegt am Mangel an Audiodateien, die nötig sind, um diese Systeme zu trainieren. Für grosse Technologiefirmen wie Google, Apple oder Amazon ist der Schweizer Markt zu klein, um eine Lösung zu entwickeln, die Schweizerdeutsch versteht. Das soll sich ändern. «Wir wollen Schweizer Dialekte sammeln und digitalisieren», sagt Mark Cieliebak vom ZHAW-Centre for Artificial Intelligence (CAI). «Mindestens 2000 Stunden Aufnahmen von schweizerdeutschen Dialekten sollen zusammenkommen, damit wir eine gute Datenbasis haben». Manfred Vogel von der FHNW ergänzt: «Diese Daten werden wir anschliessend verwenden, um einem Algorithmus basierend auf künstlicher Intelligenz beizubringen, schweizerdeutsche Sprache zu verstehen und automatisch in hochdeutschen Text umzuwandeln».
So funktioniert die Dialektsammlung
Für das Projekt wurde eine Webapplikation entwickelt, mit welcher Freiwillige eigene Audioaufnahmen erstellen können, indem sie hochdeutsche Sätze in natürliche Mundart übersetzen und/oder die Aufnahmen von anderen Teilnehmenden überprüfen. In der App können die Teilnehmenden sehen, aus welchen Kantonen bereits Sprachaufnahmen vorhanden sind – und welche Kantone und Dialekte noch fehlen.
Mögliche Anwendungen
Mit der Datensammlung und den trainierten Sprachmodellen können Sprachschnittstellen zu verschiedenen Anwendungen entwickelt werden. So könnte man beispielsweise mit Sprachassistenten auf Schweizerdeutsch sprechen, Firmen könnten automatisch Kundenfeedback auswerten, etwa Anrufe beim Kundendienst. Auch Untertitel für TV-Sendungen könnten automatisch erstellt werden.
Die Technologien für das Training von Speech-to-Text-Systemen wurden in den letzten Jahren laufend weiterentwickelt und basieren heute meistens auf neuronalen Netzwerken. Für Sprachen wie Englisch und Deutsch liefern diese Methoden bereits sehr gute Ergebnisse mit Fehlerraten von unter zwei Prozent.
Innovationsstandort Schweiz stärken
«Weil wir den Datensatz für Forschungszwecke veröffentlichen, können Computerprogramme entwickelt werden, die dann in Zusammenarbeit mit lokalen Firmen für verschiedene Zwecke eingesetzt werden können», erklärt Manuela Hürlimann von der Swiss Association for Natural Language Processing (SwissNLP), welche das Projekt koordiniert und leitet.Unterstützt werden die beiden Hochschulen vom Media Technology Center der ETH und der Universität Zürich. Finanziert wird das Projekt mit internen Mitteln der ZHAW und FHNW und mit finanzieller Unterstützung des Schweizer Nationalfonds und der AXA Versicherung.